Vučićs Gegenkandidaten verraten viel über die Zentrifugalkräfte seines autoritär angehauchten Pro-EU-Kurses
Ansichtssache
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Florian Supé
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Dass Ministerpräsident Aleksandar Vučić die Präsidentenwahl am Sonntag gewinnen wird, gilt als ausgemachte Sache. Seine zehn Gegenkandidaten verraten jedoch viel über die Zentrifugalkräfte seines autoritär angehauchten Pro-EU-Kurses
Aleksandar Vučić ist seinem politischen Ziehvater Tomislav Nikolić immer dicht auf den Fersen. Beide wurden sie politisch in der Serbischen Radikalen Partei sozialisiert, deren Vizepräsident Nikolić ab 1991 war. Weil die Partei und namentlich ihr Vorsitzender Vojislav Šešelj nicht von ihrer EU-feindlichen, militant-nationalistischen Linie abweichen wollten, stieg Nikolić 2008 aus und gründete die rechtskonservative Serbische Fortschrittspartei. Vučić folgte ihm und übernahm den Posten des Vizepräsidenten. Als Nikolić 2012 zum Staatspräsidenten gewählt wurde, rückte Vučić nach und wurde Parteichef, 2014 gewann er die Parlamentswahl und wurde Premierminister.
In zwei Monaten läuft das Mandat des Präsidenten aus, kommenden Sonntag wird sein Nachfolger gewählt. Mitte Februar überraschte Vučić mit der Ankündigung, seine Machtfülle als Regierungschef und Vorsitzender einer 48-Prozent-Partei aufgeben zu wollen, um einmal mehr in die Fußstapfen Nikolićs zu treten und das höchste repräsentative Amt Serbiens zu übernehmen.
Die Stachel im System Vučić
Dass ihm das gelingen wird, bezweifelt kaum jemand. Fraglich ist einzig, ob Vučić bereits am Sonntag die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht oder ob ihn einer seiner Herausforderer in eine Stichwahl zwingen kann, die am 16. April stattfinden würde.
Innerhalb der eigenen Koalition gibt es keinen Herausforderer, die Kandidatur des Ministerpräsidenten wird auch von den mitregierenden Sozialisten sowie einer Reihe kleinerer politischer Bewegungen unterstützt. Die Gegenkandidaten Vučićs sind liberale Bürgerrechtler, rechte EU-Gegner, Unzufriedene innerhalb und außerhalb des Systems, ein junger Satiriker – und Vojislav Šešelj, der ehemalige Partner Vučićs von der Radikalen Partei. Alle Prätendenten nutzen ihre Chance, durch die Präsidentschaftskandidatur Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ihre Auflistung zeigt, wer die Stachel im Fleisch des starken Mannes Serbiens sind. (Florian Supé, 30.3.2017)
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