Flora Petrik, Vorsitzende der Jungen Grünen, wirft der grünen Parteispitze Druck und Erpressung vor.

Foto: Regine Hendrich

Wien – So richtig zur Sache geht's meist erst in den sozialen Medien. Da ist Platz für Erklärungen und Gegenerklärungen, Angriffe und Gegenangriffe in epischer Länge. So auch im aktuellen Grünen-internen Streit um die beziehungsweise mit den Jugendvorfeldorganisationen, der einen vorläufigen Höhepunkt auf Facebook fand. Die Hauptakteure sind die Jungen Grünen, die ÖH-Fraktion Grüne und Alternative Student_innen (Gras), die im Herbst 2016 in Linz und Graz gegründeten "Grünen Studierenden" – und natürlich die "Mutterpartei", die Grünen.

Das Ganze kann als Randereignis des ÖH-Wahlkampfs gesehen werden, denn darum geht es eigentlich: Die Jungen Grünen, geleitet von Flora Petrik, unterstützen "den Aufbruch der Grünen Studierenden, der eine Öffnung der Partei und eine breitere Basis bringen soll", sagt Petrik zum STANDARD unter Verweis auf das "totale Konsensprinzip" in der Gras, "bei dem man nicht einmal mit 80, 90 Prozent Mehrheit etwas beschließen oder ändern kann, weil immer 100 Prozent nötig sind. Das macht es enorm schwer, Menschen mit anderer Meinung einzubinden, und eine Einzelperson kann alles blockieren."

Grüne Markenrechte

Man fühle sich derzeit von der Partei "in Geiselhaft genommen", weil die sich gegen das studentische Duell an den Unis insofern verwahrt, als es aus deren Sicht nur eine autorisierte studentische Gruppe geben könne – und die sei die Gras, betonte EU-Abgeordneter Michel Reimon, der auch Mitglied im grünen Bundesvorstand ist, in einem nächtlichen 16.936-Zeichen-inklusive-Leerzeichen-Eintrag auf Facebook: Das sei "seit langer Zeit unsere vertraute ÖH-Organisation", außerdem gelte: "Es kann bei jeder Wahl nur eine grüne Gruppe geben", und das heißt im Klartext: "Unsere ÖH-Fraktion ist die Gras und nur die Gras." Jeder könne kandidieren, "aber wenn dabei unsere Markenrechte absichtlich verletzt werden, um WählerInnen zu täuschen, werden wir uns juristisch wehren. Nur dann."

Damoklesschwert Rauswurf

Dieses "Nur dann" schwebt nun wie ein Damoklesschwert über den Jungen Grünen, denn nur noch bis Freitag (31. März) gelten sie als offizielle Jugendorganisation der Grünen, die damit auch Anspruch auf jährlich rund 160.000 Euro Förderung hat. Danach wäre der Geldhahn zu. Es sei denn, die Jungen erfüllen eine Reihe von Bedingungen, berichtet Petrik, sonst würde das den Rauswurf aus der Partei bedeuten.

Grünen-Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik hatte am Samstag deponiert, dass laut Beschluss des erweiterten Bundesvorstands eine Bedingung für den Erhalt des Status als anerkannte Jugendorganisation der Partei der Verzicht auf jegliche Aktivitäten gegen die Gras sei. Also keine Kandidatur mit einer eigenen Liste gegen die Gras. Diese Entscheidung wollten die Grünen Studierenden am Sonntag beim Bundeskongress in Graz treffen. Es ging um die Frage, ob und auf welchen Ebenen sie bei der ÖH-Wahl (16. bis 18. Mai) kandidieren werden. Die Entscheidung wollten sie "ob der sehr sensiblen Lage erst in ein bis zwei Tagen öffentlich kommunizieren", sagte Sprecher Johannes Steiner Sonntagnachmittag zum STANDARD: "Die Lage ist ernst. Wir stehen unter immensem Druck der Partei, sie droht uns mit Klagen." Dabei gehe es unter anderem um Namensrechte.

"Massiver Druck" der Parteispitze

Petrik antwortete übrigens auch via Facebook auf Reimon. Mit 10.843 Zeichen berichtet sie von "massivem Druck" der Parteispitze auf sie. Sie halte es "für inakzeptabel, wie hier von euch versucht wird, eine große, basisdemokratische Studierendenorganisation zu unterbinden".

Sie hatte unlängst in einem offenen Brief Parteichefin Eva Glawischnig vorgeworfen, durch Druck und Erpressung eine neue Uni-Liste verhindern zu wollen. Im STANDARD-Gespräch sagt Petrik, Glawischnig sei "nicht die Person, die das Interesse und die Begeisterung mitbringt, die Grünen in die Richtung zu bringen, mit der wir auf den Rechtsruck antworten sollten: Dazu muss man die Partei öffnen." Sie wünsche sich von der Parteichefin, "dass sich die Partei nicht weiter verschließt, sondern mehr Menschen einbindet".

Gras freut sich still

Und was sagt die Gras dazu? Von deren Seite wollte man den Konflikt auf Anfrage des STANDARD nicht kommentieren. Man konzentriere sich "im Moment auf die bevorstehenden ÖH-Wahlen". Für erfolgreiche Vertretungsarbeit und um die "stärkste Stimme in der linken ÖH" zu bleiben, sei es wichtig, dass "wir alle gemeinsam an diesem Ziel arbeiten". Über die "breite Unterstützung der Grünen" freue sich die Vorfeldorganisation. "Wir möchten auch alle Menschen einladen, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen." (Katharina Mittelstaedt, Lisa Nimmervoll, 26.3.2017)