Zwischen Europa, Steuerabgaben und Bildungspolitik: intensive Debatten beim Bürgerforum in der Wiener WU. Angestoßen von Strolz und Griss, die selbst auch eifrig mitdiskutierten.

Foto: Neos

Wien – Matthias Strolz ist in seinem Element: Den quirligen Politiker hält es nur kurz auf der Bühne bei seinem Impulsreferat beim Bürgerforum, bevor er zwischen den Tischen herumhirscht. Gemeinsam mit Irmgard Griss, ehemalige Höchstrichterin und Präsidentschaftskandidatin, tourt er durch Österreich, um zu diskutieren. Nach Graz und Salzburg stand jetzt Wien auf dem Programm: ein Heimspiel auf dem Campus der Wiener Wirtschaftsuniversität, wo wohl viele pinke Sympathisanten zu finden sind. Unterstützt werden die beiden Politiker, die sich aber nicht als solche verstanden wissen wollen, von Ali Malohdji, Gründer der Plattform Whatchado.

Das Prozedere des Bürgerforums ist schnell erklärt. Die Gastgeber halten jeweils ein zehnminütiges Impulsreferat, reißen Themen an, die sie beschäftigen – und die im Fall von Neos-Chef Strolz auch die Kernthemen der Partei sind: Bildung, Bürokratie, Parteipolitik, Europa. Die etwa 120 Besucher dürfen über zehn Thesen online abstimmen, aus den drei bestgereihten wird dann jeweils ein Bereich pro Tisch diskutiert.

"Parteipolitik hat in der Schule nichts verloren"

Das Durchschnittsalter liegt trotz Austragungsort in der WU irgendwo zwischen Strolz (43) und Griss (70), die unter 40-Jährigen sind hier in der Minderheit. Der Großteil der Besucher gibt an, selbstständig tätig zu sein. Dennoch: Die These, die an diesem Abend am meisten Zustimmung bekommt, ist: "Parteipolitik hat in der Schule nichts verloren."

Während Strolz von Tisch zu Tisch hüpft, um den Gesprächen zu lauschen und den Menschen das Gefühl zu geben, gehört zu werden, nimmt sich Griss länger Zeit, bleibt sitzen und hört zu.

Fehlende Debattenkultur

Der Neos-Chef, der gerne mit Sprachbildern um sich wirft, ("Das Parteibuch ist in Österreich das wichtigste Buch") ist begeistert, dass das Konzept funktioniert. Er freut sich über inhaltliche Gespräche. "Es wird nicht gematschkert", sagt er. Ähnlich sieht das Griss: Die Diskussionskultur sei in Österreich nicht entwickelt. "Die Politik ist damit nur ein Spiegelbild der Gesellschaft", meint die Juristin. Dabei könne man wertschätzendes Debattieren lernen, ist sie überzeugt.

Wie sie abseits der Bürgerforen und Tischgespräche ihre politische Zukunft gestalten will, lässt Griss weiterhin offen – ausschließen will sie aber nichts.

Manche Besucher sind anscheinend nur gekommen, um Strolz und Griss zu sehen. Sie schleichen sich aus dem Saal, bevor die Diskussion überhaupt beginnt. (Marie-Theres Egyed, 24.3.2017)