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In seiner kämpferischen Rede bei der SPÖ-Klausur hat sich der Wiener Bürgermeister Michael Häupl unter anderem für eine Arbeitszeitverkürzung eingesetzt und das mit den Worten begründet: "Es braucht eine gerechte Aufteilung der vorhandenen Arbeit."

Nun mag Häupl hier aus parteitaktischen Gründen einfach eine Position der Gewerkschaft übernommen haben, oder aber er glaubt wirklich, was er sagt. Dann würde das aber bedeuten, dass der erfahrenste Spitzenpolitiker der SPÖ keine Ahnung vom Arbeitsmarkt hat.

Die Vorstellung, dass es eine fixe Menge an Arbeit gibt, die man unter den Beschäftigten aufteilen kann, ist eines der ältesten und größten Irrtümer in der Volkswirtschaft – auf Englisch "lump of labor fallacy" genannt. Theorie und Praxis sprechen dagegen: Der Arbeitsmarkt ist dynamisch und passt sich immer den herrschenden Gegebenheiten an. In Krisenzeiten schrumpft die Zahl der angebotenen Arbeitsplätze, wenn die Wirtschaft wächst, steigt der Bedarf an Arbeit.

Beschäftigung wächst stetig

In Österreich ist die Zahl der Beschäftigten seit Jahrzehnten fast jedes Jahr gewachsen, seit 2009 etwa ohne Unterbrechung. Die Beschäftigung ist heute um 15 Prozent höher als im Jahr 2000. Dass es heute mehr Arbeitslose gibt als damals, liegt nur an der wachsenden Zahl der Arbeitssuchenden, vor allem aus dem EU-Ausland.

Hätte man damals – wie in Frankreich – die vorhandene Arbeit durch eine Arbeitszeitverkürzung gerechter verteilt, gäbe es heute auch nicht mehr Jobs in Österreich. In Frankreich ist die Arbeitslosigkeit immer noch deutlich höher als hierzulande, auch weil die rigiden Arbeitszeitgesetze vor allem Kleinbetriebe davon abhalten, neue Stellen zu schaffen.

Gute Argumente für kürzere Arbeitszeiten

Es gibt gute Argumente für kürzere Arbeitszeiten: Die meisten Menschen wünschen sich eine bessere Work-Life-Balance und mehr Freizeit, sie sind gut für das Familienleben, für Partnerschaften und für Kinder, und mehr verfügbare Zeit stärkt die Zivilgesellschaft. Dass in Österreich immer noch Überstunden steuerlich begünstigt werden – und die SPÖ dies auch verteidigt –, ist gesellschaftspolitisch und ökonomisch unsinnig.

Aber das muss auf Freiwilligkeit basieren. Die Arbeitslosigkeit wird mit einer generellen Arbeitszeitverkürzung nicht bekämpft. Und auch die Digitalisierung der Wirtschaft wird zwar – so wie frühere industrielle Revolutionen – bestehende Arbeitsplätze zwar vernichten, aber mit Sicherheit auch neue schaffen.

Das sollte der Wiener Bürgermeister, der auch für den Wirtschaftsstandort der Bundeshauptstadt kämpft, eigentlich wissen. (Eric Frey, 23.3.2017)