Und manchmal geht es dann doch schneller als erwartet: Am Dienstagabend hat Google die erste Testversion für die kommende Generation seines mobilen Betriebssystems, die bisher nur unter dem Codenamen "Android O" firmiert, vorgestellt. Diese bietet eine ganze Reihe zentraler Neuerungen, die im Folgenden im Detail unter die Lupe genommen werden sollen.

Testlauf

Doch zuvor noch ein paar Worte der Warnung: Google betont, dass die erste Developer Preview lediglich für Entwickler gedacht ist und noch zahlreiche bekannte Fehler aufweist. Im Gegensatz zu den frühen Testversionen von Android 7 kann diese denn auch bislang nicht über das Android-Beta-Programm installiert werden. Wer die Preview ausprobieren will, muss also ein Factory Image installieren, was üblicherweise mit dem Verlust sämtlicher Daten einhergeht. Entsprechende Systemabbilder bietet Google für aktuelle Geräte aus dem eigenen Angebot – konkret für die Smartphones Pixel und Pixel XL, das Tablet Pixel C sowie das Nexus 5X und das Nexus 6P.

Android O bringt zahlreicher Neuerungen – und auch ein derzeit noch recht simpel gehaltenes Easter Egg.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Icons

Unter dem Namen Adaptive Icons führt Google neu Möglichkeiten für App-Icons ein. Dies können nun mit Animationen und Effekten versehen werden, um auf einzelne Aktionen optisches Feedback zu geben. Zudem ist es künftig möglich Badges darzustellen, um etwa über die Zahl von ungelesenen Nachrichten zu informieren. Ähnliches gibt es schon bei Launchern von Drittherstellern, Google schafft hier nun aber eine zentrale Schnittstelle für alle. User die dies nicht möchten, können diese Badges übrigens pro App in den Einstellungen deaktivieren.

Anderen Geräteherstellern will man mit einer weiteren Neuerung die Arbeit erleichtern: Icons können fortan nämlich mit Masken versehen werden, um sie in eine gewünschte visuelle Form zu bringen. So kann das gleiche Icon dann beim einen Launcher sechseckig und beim anderen rund erscheinen. All das ist derzeit allerdings noch Theorie, in der aktuellen Preview sind zwar die entsprechenden Schnittstellen vorhanden, sie werden aber noch von keinen Apps genutzt.

Notifications

In Android 7.0 wurde der Benachrichtigungsbereich grundlegend überarbeitet, mit Android O gibt es nun weiteren Feinschliff. So können App-Entwickler unterschiedliche Gruppen von Benachrichtigungen fortan in Kanäle zusammenfassen. Die Idee dahinter: Durch diese Bündelung können die Nutzer einfacher bestimmen, welche Arten von Benachrichtigungen sie sehen wollen, und welche nicht. Ebenfalls neu ist eine Snooze-Funktion für Benachrichtigungen: Die User können nun also Notifications temporär zur Seite schieben, wenn sie gerade keine Zeit dafür haben. Diese tauchen dann je nach Wunsch 15, 30 oder 60 Minuten später automatisch wieder auf.

Mithilfe von Masken sollen sich Icons künftig leicht an den Launcher-Stil des jeweiligen Anbieters anpassen lassen.
Grafik: Google

Einstellungen

Mit Android O sortiert Google seine Systemeinstellungen neu, in der Hauptliste sind dabei nun deutlich weniger Einträge zu finden. Auch sind früher verstreute Optionen jetzt zum Teil besser zusammengefasst worden, anderes – wie Informationen zum Security Patch Level oder zu Googles App-Scanner Verify Apps – wird prominenter dargestellt. Dies geht einher mit einer visuellen Generalüberholung: So gibt es in der neuen Version eine Übersichtsgrafik beim Akkuverbrauch, wichtige Eckdaten wie die Screen-On-Time oder der Stromverbrauch der mobilen Netzwerksuche werden betont. Trotzdem wirkt das Ganze derzeit noch wie Stückwerk, andere Kategorien erscheinen noch exakt so wie beim Vorgänger, hier muss man wohl noch auf spätere Testversionen warten. Das Seitenmenü, das erst mit Android 7.0 eingeführt wurde, hat Google übrigens wieder gestrichen.

Themes in Spurenelementen

Einen Hoffnungsschimmer bietet die Testversion für all jene, die auf Theme-Support von Seiten Googles hoffen. Lässt sich doch bei den Pixel-Geräten jetzt neben dem klassischen Theme und jenem für das Pixel geschaffenen wechseln. Von einem vollständigen Theme-API, das auch Drittentwickler nutzen können, ist dies aber natürlich noch weit entfernt. Eine andere optische Verbesserung ist, dass die Systemnavigation nun – wie der Statusbar auch – einen hellen Modus kennt, sich also ebenfalls an die einzelnen Apps anpasst.

Die erweiterten Schnelleinstellungen, die manche Einträge – etwa zu Akku oder WLAN – bieten, sind mit der neuen Version jetzt ausschließlich über den Text unter dem Icon zu erreichen. Zudem gibt es kleinere visuelle Tweaks an dieser Stelle, wodurch das Layout etwas kompakter wirkt. Die bisherige Downloads-App heißt nun offiziell Files, und bietet Zugriff auf zusätzliche Verzeichnisse, womit Android O also einen simplen File Manager mitliefert. Bisher war die Files-App dem Tablet Pixel C vorbehalten (oder in in den Storage-Einstellungen versteckt), nun zieht Google aber auch bei Smartphones nach.

Versteckte Goodies

Über den – versteckten – SystemUI Tuner lassen sich dann noch einige weitere interessante Optionen aufspüren. So findet sich in dessen Android-O-Ausgabe nun ein Tool um die Systemnavigation anzupassen. Diese ermöglicht beispielsweise ein kompaktes Layout, das auf Wunsch auch weiter nach links oder rechts geschoben werden kann. Und wer will, kann sogar noch zwei weitere Icons hinzufügen, um schnellen Zugriff auf Copy & Paste oder den Tastaturwechsel zu erhalten. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit die zwei am unteren Bildschirmrand des Lock-Screens angebrachten Schnellstart-Icons anzupassen, also etwa den Kamera-Verweis mit einem Link zum Öffnen eines Browserfensters auszutauschen. Bei all dem darf allerdings nicht vergessen werden: Features im SystemUI Tuner sind als experimentell anzusehen. Manches was sich hier findet, landet später als fixe Funktion in Android, anderes wird hingegen ganz wieder fallen gelassen.

In den SystemUI-Settings verstecken sich noch zusätzliche Optionen. Dazu gehören die Anpassung der Shortcuts am Lock Screen aber auch die Veränderung der Systemnavigation.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Bild-in-Bild

Bislang war die Bild-im-Bild-Darstellung in den Google-Versionen von Android auf Android TV begrenzt, mit Android O lässt sich dieses Feature nun auch bei Smartphones und Tablets nutzen. Viele User werden so etwas natürlich schon kennen, bieten dies doch diverse Dritthersteller schon länger an. Ebenfalls neu ist der Support für mehrere Bildschirme.

Autofill

Sehr interessant ist das neue Autofill API: Über dieses können Dritt-Apps das Ausfüllen von Formularen für die Nutzer übernehmen. Dies ist vor allem für Passwort-Manager interessant, die sich so auf Systemebene integrieren und ihre Dienste anbieten können. Aus Sicht der User ist dies ebenfalls positiv, weil man damit für solche Aufgaben nicht notwendigerweise zu Google-Diensten greifen muss.

Akkuverbesserungen

Wie schon beim Vorgänger, stellt auch bei Android O die Optimierung der Akkulaufzeit einen Schwerpunkt der Entwicklung dar. Und dafür ist Google auch durchaus bereit mit dem Status Quo zu brechen, und App-Entwicklern zusätzliche Arbeit zu machen. Konkret bedeutet dies zunächst, dass Hintergrundservices mit der neuen Version massiv eingeschränkt werden. So dürfen nur mehr Programme, die einen spezifischen Grund haben – etwa Telefonie- oder SMS-Apps oder auch ein Musik-Player – dauerhaft im Hintergrund laufen, alle anderen werden in ihren Aktivitäten eingeschränkt, und dürfen nur mehr zu vom System festgelegten Zeiten aktiv werden. Durch diese Bündelung wird das Smartphone oder Tablet deutlich weniger aus den stromsparenden Schlafmodi gerissen.

Bereits mit Android 7.0 hat Google einzelne implizite Broadcasts blockiert, mit Android O werden diese ganz abgedreht. Bisher verwenden viele Apps solche Tricks, um sich über gewisse Events informieren zu lassen – etwa wenn eine neue App installiert wurde. Das kostet in Summe aber nicht nur Akku sondern geht auch auf Kosten der Performance, wenn plötzlich sämtliche Apps, die auf so einen Event warten, gleichzeitig gestartet werden. Google verweist Entwickler hier auf die eigenen APIs wie JobScheduler, mit denen sich solche Dinge wohl organisiert und stromsparend abwickeln lassen.

Über das Developer-Programm kann Android O ausprobiert werden – vorausgesetzt man hat das richtige Smartphone oder Tablet.
Grafik: Google

Zu guter Letzt wird auch der Zugriff auf Standortinformationen – und damit einer jener Services, der am meisten Strom verbraucht – deutlich eingeschränkt. Entsprechende Background Services dürfen nur mehr ein paar Mal pro Stunde nach dem Standort fragen, anstatt dauernd mitzuprotokollieren. Für App-Entwickler, die einen validen Grund für das laufende Erfassen von Ortsdaten haben, gibt es natürlich Auswege, etwa indem durch eine Benachrichtigung ein Vordergrunddienst erzeugt wird. Auf diesem Weg können Fitness-Apps dann auch in Zukunft die genaue Laufroute einer Trainings-Session erfassen.

All das sollte in Summe eine spürbare Verbesserung der Akkulaufzeit unter Android bringen, und nicht zuletzt auch sich nicht an die Regeln haltende Apps in ihre Schranken weisen. Für App-Entwickler heißt dies aber natürlich Mehrarbeit, immerhin müssen sie ihre Apps entsprechend anpassen, um zu verhindern, dass einzelne Dinge plötzlich nicht mehr funktionieren.

Farbraum

Den Trend zu immer besseren Displays will Google mit Schnittstellen zur Unterstützung eines weiteren Farbraums gerecht werden. Apps, die unterschiedliche Farbprofile supporten, können dies nun also kommunizieren, und so etwa AdobeRGB, Pro Photo RGB oder auch DCI-P3 einsetzen.

Sound

Ebenfalls neu ist das AAudio API, das für professionelle Audio-Apps gedacht ist, und hohe Performance sowie geringe Latenzzeiten garantieren soll. Einen besseren Klang über Bluetooth-Verbindungen verspricht die Unterstützung des von Sony beigesteuerten Audio-Codecs LDAC, das mit einer Bitrate von bis zu 990 Kbit/s aufwarten kann. Google betont übrigens, dass Sony einiges zu Android O beigetragen hat, konkret spricht man von 30 Feature-Verbesserungen und 250 Bug Fixes.

Vermischtes

Dank des Wifi-Aware-Supports soll der drahtlose Austausch zwischen zwei oder mehreren Geräten im eigenen Umfeld noch einfacher und flotter werden. Derzeit ist aber auch das noch theoretisch, da hierfür die entsprechende Hardware benötigt wird. Wer Google kennt, weiß, dass sich daraus schließen lässt, dass diese in der nächsten Pixel-Generation enthalten sein wird. Ein traditioneller Problembereich von Android ist die Tastatursteuerung, hier will Google mit Android O einige Verbesserungen vornehmen – wohl vor allem mit Hinblick auf künftige Tablets, Convertibles und Chromebooks, die ja mittlerweile auch Android-Support bieten.

Für Android O überarbeitete Google einmal mehr die Systemeinstellungen.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Speed

Und es wäre keine echte Vorstellung einer neuen Betriebssystemgeneration, wenn der Hersteller nicht auch diverse Performanceverbesserungen versprechen würde. Konkret soll die Android Runtime, die zur Ausführung praktisch aller Apps dient, in einzelnen Benchmarks nun bis zu doppelt so schnell sein. Wie stark sich das im Alltag bemerkbar macht, muss sich natürlich erst weisen, zumal die Bugs in der aktuellen Testversion all diese Weiterentwicklung fürs Erste noch zunichte machen.

Sicherheit

Eine wichtige Sicherheitsverbesserung gibt es bei der Einbindung von Webinhalten in Apps. Webview-Inhalte nutzen nun von Haus aus ein Multiprozessmodell, was sie von der restlichen Apps isoliert, und so die Angriffsfläche minimiert. In Android 7.0 war dies noch eine – wohl versteckte – Option. Zudem können App-Entwickler nun festlegen, dass Webview-Verbindungen nur mehr via HTTPS erfolgen dürfen.

Privacy

Ein positiver Schritt in Richtung Privacy ist, dass die zur Identifizierung der User bereitstehende ANDROID_ID nun nicht mehr systemweit gilt, sondern für jede App gesondert erstellt wird. Dadurch kann also – zumindest auf diesem Weg – auch kein direkter Zusammenhang mehr zwischen den Usern von zwei Apps hergestellt werden.

Manuelle Installation von Apps

Eine Änderung gab es beim Handling von Apps aus unbekannten Quellen – also Programme, die jenseits des Play Stores besorgt werden. Die bisher dafür zuständige Option in den Systemeinstellungen ist verschwunden. Stattdessen werden die Nutzer nun bei der manuellen Installation einer App gefragt, ob sie der jeweiligen Quelle vertrauen, und müssen diese Erlaubnis manuell in den jeweiligen App-Einstellungen vornehmen. So kann dann etwa bestimmt werden, dass via dem App Store von Amazon bezogenen Paket generell vertraut wird, während via Browser besorgte Apps nicht installiert werden dürfen. Ein generelles "Ok" für Apps jenseits des Play Stores gibt es damit jedenfalls nicht mehr. An den Sicherheitswarnungen, die bei der Installation aus Drittquellen jedes Mal angezeigt werden, ändert dieser Umbau nichts.

Entwicklung

Für App-Entwickler verspricht Google zudem die Ausweitung des Java-8-Supports, als Beispiel nennt man hier etwa das java.time API. Passend zur ersten Developer Preview gibt es übrigens auch gleich eine Vorschau des des zugehörigen Software Development Kits, eine frühe Testversion der Entwicklungsumgebung Android Studio 2.4 und natürlich passende Emulator-Images.

Disclaimer

Bei all dem Erwähnten sei noch betont, dass sich Android-Releases gerade in einem solchen frühen Stadium generell auf Plattform-Features konzentrieren – also den Open-Source-Teil von Android. Viele für die User relevanten Neuerungen werden hingegen längst über App-Updates gesondert via Play Store abgewickelt, diese werden also erst später folgen. Zudem ist davon auszugehen, dass die aktuelle Preview noch nicht vollständig ist – zumindest war dies auch in den letzten Jahren der Fall.

Der Zeitplan für Android O.
Grafik: Google

Ausblick

Der Zeitplan von Google sieht für Mitte Mai die Veröffentlichung einer zweiten Developer Preview vor, es ist also davon auszugehen, dass es diese im Rahmen der zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Entwicklerkonferenz Google I/O geben wird. Die kommende Release soll dann auch schon Beta-Qualität haben, was vermuten lässt, dass sie über das Android-Beta-Programm einfacher zu haben sein wird. Danach sollen dann noch zwei weitere Previews folgen, bevor die finale Version noch im dritten Quartal erhältlich sein soll. Der Zeitplan ähnelt dabei stark jenem des Vorjahres, insofern ist es wohl nicht allzu verwegen, die fertige Version von Android O in etwa für Mitte August zu erwarten. (Andreas Proschofsky, 22.3.2017)