Unnachahmlich die, sagen wir, Selbstsicherheit, mit der Michael Häupl ankündigte, er werde demnächst wieder als Parteivorsitzender kandidieren und ein Gegenkandi-dat sei möglich, aber nur "theoretisch".

Der denkbare Gegenkandidat, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, hatte ja schon erklärt, er werde gegen seinen alten Weggefährten Häupl sicher nicht antreten. Dies, nachdem die Ludwig-Verbündeten vom rechten Flügel der Wiener SPÖ schon x-mal erklärt haben, Häupl möge sich endlich schlei..., äh, "seine Nachfolge regeln".

Das ist schwer, weil es keine wirklich überzeugenden Nachfolgekandidaten (oder -innen) gibt. Ludwig selbst hat zwar die großen "Arbeiter"-Bezirke hinter sich, konnte aber dort jedenfalls die Erfolge der FPÖ bei der Gemeinderatswahl 2015 nicht wirklich aufhalten.

Aber niemand wird annehmen, dass Häupl noch Jahre bleibt. Er spielt offenbar auf Zeit, um doch noch eine Lösung, die nicht Ludwig heißt, aus dem Hut ziehen zu können.

Das Problem dabei ist, jede der bisher gehandelten Personalien wäre mehr oder minder spalterisch. Stadtrat Ludwig wird nachgesagt, eine Affinität zur FPÖ zu haben. Ob er "nur" meint, man solle die FPÖ verbal nicht ausgrenzen, aber mit ihr keine Koalition eingehen, oder ob er gegebenenfalls auch eine Koalition für denkbar hielte, hat er nicht oder kaum klar gesagt. Solange er das nicht tut, ist ihm das – berechtigte – Misstrauen des liberalen Flügels der Partei sicher. Die FPÖ und besonders die Wiener FPÖ mit ihrem Rekordanteil an schlagenden Burschenschaftern und dem radikalen Johann Gudenus an der Spitze, ist für echte Sozialdemokraten untragbar. Und sie ist es auch ganz objektiv.

Ludwig müsste also wohl als Mindestvoraussetzung in aller Deutlichkeit sagen: "Mit der FPÖ nicht" (was er in dieser Klarheit m. W. noch nicht getan hat).

Das heißt aber nicht, dass in der jetzigen rot-grünen Regierungskoalition nicht massiv einiges zu verbessern wäre. Wien ist immer noch eine gut verwaltete Stadt, aber es hat sich einiges ziemlich verschlechtert: das Spitalswesen, der Wohnbau, die Wirtschaftsbasis, die Finanzen. Wien tut auf dem Gebiet der Integration viel mehr, als man sieht, aber 42 Prozent Migrationshintergrund (nach Statistik Austria, nach der Wiener Zählung sind es 50 Prozent) sind eine riesige Herausforderung.

Die Wiener Grünen haben sich auf Lebensstilthemen konzentriert, was nur einen Teil der wichtigen Themen abdeckt. Außerdem haben sie sich in umstrittene Bauprojekte (Casino Zögernitz, Komplex Eislaufverein) hineinziehen lassen. Der Knackpunkt wird der Lobautunnel.

Wenn Wien eine halbwegs liberal regierte Stadt und die Wiener SPÖ ein Grundpfeiler der österreichischen Sozialdemokratie bleiben soll, muss bald einiges passieren. Michael Häupl muss in absehbarer Zeit eine für alle akzeptable Lösung aus dem Hut ziehen. Jemanden, der sich im politischen und/oder wirtschaftlichen Management schon bewiesen hat und nicht unbedingt ein völliger Newcomer ist. Vielleicht eine Frau? (Hans Rauscher, 21.3.2017)