Kim und seine Rakete: die Sammlerbriefmarke des Anstoßes.

Foto: Johnny Erling

Nordkorea scheinen die Devisen auszugehen. Im Februar hatte China im Rahmen verschärfter UN-Sanktionen alle seine Kohleimporte gestoppt. Seither lässt Nordkorea alles schnell zu Geld machen, was man noch zu Geld machen kann. Souvenirläden in Peking profitieren davon und erhalten etwa schon jetzt neue Sammlermarken. Sie zeigen unter anderem Machthaber Kim Jong-un vor Motiven von Raketen.

Sehr gefragt sind sie nicht, sagen Verkäufer. Noch weniger gefragt sind aber Kims echte Raketen. Am Sonntag störte der Diktator den Antrittsbesuch von US-Außenminister Rex Tillerson bei Chinas Staatschef Xi Jinping in Peking. Demonstrativ zeigte das nordkoreanische TV, wie Kim den erfolgreichen Test eines neuen Raketenantriebs überwachte.

Hohe Tragkraft

Innerhalb weniger Stunden berechneten südkoreanische Experten, dass die neue Technik eine Rakete "mehr als 5.500 Kilometer" weit tragen könne. Pjöngjang warnte zugleich: "Die Welt wird bald Zeuge werden, welche ereignisreiche Bedeutung dem großen, heute errungenen Sieg zukommt."

Peking ist auch wegen des gewählten Zeitpunkts verärgert. Kim brüskierte sowohl seinen angeblichen Verbündeten Peking als auch den Erzfeind Washington. Beide schieben sich seit Wochen öffentlich gegenseitig die Verantwortung für Nordkoreas Aufrüstung in die Schuhe. Tillerson sieht China in der Bringschuld, weil "nichts geschah, um Nordkorea zu stoppen". China führt ins Treffen, die USA würden Nordkorea mit Manövern provozieren.

Beide streiten auch, ob sie mit Druck und Gewalt bis hin zu Präventivschlägen oder weiter mit Dialogangeboten Nordkorea von seinem Weg abbringen können. Einig sind sie sich in einer Sache: Die Lage wird immer gefährlicher.

Peking ist beunruhigt

Vor seinem China-Besuch hatte Tillerson in Japan und Südkorea Pjöngjang noch einmal gewarnt. Für die USA lägen "alle Optionen auf dem Tisch", auch militärische. Immerhin ist das Säbelrasseln für China so beunruhigend, dass Außenminister Wang Yi eindringlich vor Eskalation warnte.

In dieser verfahrenen Gemengelage traf der neue US-Außenminister mit Staatschef Xi zusammen. In den ersten Presseerklärungen kam das Wort Nordkorea nicht vor. Stattdessen sehen Xi und Tillerson den für Anfang April geplanten Präsidentengesprächen in Florida entgegen. Unerklärt blieb eine Aussage von Tillerson, die USA wollten mit China Grundlagen für eine gemeinsame "Entwicklung für die kommenden 50 Jahre" legen, die eine Zeit "ohne Zusammenstoß und Gegnerschaft" sein sollen. Darin ist eine versteckte Botschaft an Nordkorea enthalten, sich warm anzuziehen. (Johnny Erling aus Peking, 19.3.2017)