Nach Überprüfungen des Postverkehrs ins Ausland in den vergangenen Tagen haben die griechischen Behörden keine Hinweise auf weitere mögliche Brief- und Paketbomben gefunden. Sicherheitsexperten kontrollierten die Nacht hindurch bis Freitagmorgen die erst vor drei Monaten installierten hochmodernen Prüfgeräte für Postsendungen am Athener Flughafen, ohne Defekte oder Mängel festzustellen, so berichtete der öffentliche Sender ERT. Bürgerschutzminister Nikos Toskas gab sich beruhigend. Es gebe bisher keine Anzeichen für weitere solche Pakete.

Am Donnerstag war ein aus Athen abgesandter Briefumschlag im Büro des Internationalen Währungsfonds in Paris explodiert und hatte eine Mitarbeiterin leicht verletzt. Zuvor war am Mittwoch im deutschen Finanzministerium in Berlin ein an Wolfgang Schäuble adressiertes Paket eingetroffen und bei einer Routinekontrolle abgefangen worden.

Das Paket für Schäuble hatte nach Polizeiangaben 31 Gramm von einem Knallgemisch enthalten und war am Dienstag mit dem Morgenflug einer Frachtmaschine vom Athener Flughafen nach Deutschland transportiert worden. Die Kontrollgeräte am Flughafen zeichnen alle überprüften Sendungen auf. Am Freitag war noch unklar, wie beide Paketbomben die Kontrollen passieren konnten. Zu dem Terrorakt gegen das deutsche Finanzministerium bekannte sich die Anarchistengruppe "Verschwörung der Feuerzellen" (SPF). Die Anarchisten-Webseite "athens.indymedia.org" veröffentlichte am Freitag auch eine englische Übersetzung des Bekennerschreibens. Darin kündigte die Gruppe weitere Angriffe gegen die "soziale Apathie" und gegen die "Unterdrücker unserer Leben" an.

Rückkehr der Feuerzellen

Die "Verschwörung der Feuerzellen" war zuerst im Jänner 2008 in Erscheinung getreten und verübte Brandanschläge auf Banken und Diplomatenautos. 2010, im ersten Jahr der akuten Finanzkrise, begann sie Paketbomben an Botschaften in Athen zu verschicken. Zwei Sendungen waren auch an Angela Merkel und Silvio Berlusconi adressiert. Die mutmaßlichen Attentäter wurden gefasst, und nach weiteren Festnahmen 2011 galten die Feuerzellen als zerschlagen. Gerichtsprozesse laufen noch; am Montag diese Woche war wieder eine Verhandlung.

Anders als in Deutschland, Frankreich oder Italien konnte sich in Griechenland eine linksgerichtete Terrorszene halten. Ein bedeutender Teil der Gesellschaft akzeptiere das Schleudern von Molotow-Cocktails weiter als eine legitime Form jugendlicher Selbstdarstellung und als einen Ritus auf dem Weg zu einem gefügigen Erwachsensein, schrieb der ehemalige, in Athen stationierte US-Diplomat John Brady Kiesling in der 2014 erschienenen Studie "Greek Urban Warriors". (Markus Bernath aus Athen, 17.3.2017)