Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew wurde bei der Entgegennahme von zwei Millionen Dollar festgenommen, andere nehmen auch Rubel.

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Für Russlands Beamte ist die Krise vorbei; die Bestechungsgelder sind im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Bei den aufgeklärten Fällen liege die Summe durchschnittlich bei 328.000 Rubel (gut 5.200 Euro), teilte der Chef der Hauptverwaltung für den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität und Korruption im Innenministerium Andrej Kurnosenko mit. Das seien 75 Prozent mehr als 2015, "aber häufig sind die illegalen Honorare viel größer", klagte er.

Der Polizeigeneral verwies darauf, dass die Korruptionsbekämpfung in Russland deutlich aktiviert wurde. Immerhin 19.000 Fälle wurden im vergangenen Jahr ermittelt. Gerade die Aufklärung großer Korruptionsfälle sei ein gutes Stück vorangekommen, meinte Kurnosenko: "Im Ergebnis ist die Zahl der von unserer Behörde aufgedeckten Korruptionsverbrechen großen oder besonders großen Umfangs um 21 Prozent gestiegen", sagte er.

700 Millionen Euro Schaden

Der Schaden beläuft sich demnach allein in diesen Fällen auf umgerechnet fast 700 Millionen Euro.Im vergangenen Jahr wurde Russland durch eine ganze Reihe Aufsehen erregender Korruptionsskandale erschüttert. So musste der Chef der Zollbehörde Andrej Beljaninow nach einer Hausdurchsuchung, bei der packenweise Bargeld und teure Gemälde gefunden wurden, seinen Rücktritt einreichen. Weitere Ermittlungen gegen ihn sind allerdings bisher nicht bekannt.

Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew wurde hingegen bei der Entgegennahme von zwei Millionen Dollar festgenommen und steht seitdem unter Hausarrest. Das Geld soll er angeblich vom Staatskonzern Rosneft als Bezahlung für sein Absegnen der Übernahme eines kleineren Ölkonzerns eingefordert haben. Es war die politisch brisanteste Korruptionsaffäre in der jüngeren russischen Geschichte, denn noch nie zuvor wurde ein Minister wegen Bestechlichkeit festgesetzt.

Fall im eigenen Haus

Die größte Geldsumme wurde allerdings ausgerechnet bei einem direkten Untergebenen Kurnosenkos entdeckt: Oberst Dmitri Sachartschenko hatte in der Wohnung seiner Schwester 120 Millionen Euro gestapelt. Zudem wird ermittelt, ob nicht auf Schweizer Konten noch ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag aus der Affäre lagert.

Aus diesem Grund kritisierte der stellvertretende Leiter von Transparency International in Russland Ilja Schumanow die Statistik Kurnosows gegenüber dem STANDARD auch als "unvollständig und irrelevant". Allein die Summe, die bei Sachartschenko gefunden wurde, übersteige die angebliche Korruptionssumme in allen vom Ministerium aufgeklärten Fällen um umgerechnet 35 Millionen Euro, sagte Schumanow.

Um die Korruption effizient zu bekämpfen, seien weniger Repression und mehr Aufklärungsmaßnahmen nötig, um das Rechtsempfinden der Russen zu steigern. Zeugen, die in Korruptionsfällen aussagten, müssten geschützt und gefördert werden, forderte Schumanow. Zudem dürfe die Verfolgung von Korruption nicht selektiv vorgenommen werden, so der Bürgerrechtler. (André Ballin aus Moskau, 17.3.2017)