Sigrid Pilz: momentanes Lieblingsfeindbild der "Krone".

Foto: Robert Newald

Was der Krone.at-Chefredakteur und sein Kärntner Kollege und in der Folge dann treulich auch die SM-Trolle mit der Autorin Stefanie Sargnagel aufgeführt haben, darf mittlerweile als bekannt gelten. Wer freilich glaubt, so etwas passiere en passant, wenn gerade nichts anderes los und den "Krone"-Männern fad ist, der irrt gewaltig.

Schon in der Vergangenheit hat man mit Vorliebe gegen Frauen, am liebsten rote und grüne Wiener Politikerinnen, mobilgemacht. Kaum eine kam ungeschoren davon: Renate Brauner, Maria Vassilakou, Sonja Wehsely, Sandra Frauenberger und so weiter und so fort. Jetzt zur Abwechslung eben mal eine Kunstschaffende.

Doch kaum war die Aufregung um Sargnagel und ihre Kolleginnen ein wenig verebbt, ritt die Zeitung schon die nächste Kampagne. Diesmal war die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz dran.

Watschentanz eröffnet

Pilz bekleidet diese Funktion seit 2012, sie bekommt dafür monatlich 12.753 Euro (ein "hohes Gehalt", wie "Krone"-Schwester "Heute" schon damals spitz bemerkte), und sie war vorher Abgeordnete für die Grünen im Wiener Gemeinderat. Glaubte man nur den Reaktionen auf die jährlichen Berichte der Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft im Wiener Landtag, könnte man meinen, die promovierte Psychologin habe ihre Aufgabe bisher zur Zufriedenheit aller erledigt. Sogar FPÖ-Abgeordnete gratulierten Pilz wiederholte Male zu ihrer "hervorragenden Arbeit", zuletzt 2016.

Doch nun ist alles anders, denn ihre Funktionsperiode läuft aus, und Pilz möchte sich noch einmal für das Amt bewerben. Und seit dies bekannt ist, schießt die "Krone" scharf gegen sie. Am 7. März wurde der Watschentanz eröffnet: Auf einer ganzen Seite widmete man sich der Patientenanwältin, erstmals klang an, sie sei zu wenig bekannt, ausführlich kam die Opposition zu Wort, die kritisierte, Pilz habe weder zu langen Wartezeiten in Spitalsambulanzen noch zum Gangbettenproblem noch zu Engpässen bei Notärzten etwas öffentlich gesagt. Zudem sei ihr Gehalt viel zu hoch – was bei ihrem (männlichen) Vorgänger, der genauso viel verdiente, übrigens nie eine Rolle gespielt hat.

Zugeschriebene Macht

Dass die Rathaus-Opposition die Verlängerung einer von Rot-Grün eingesetzten Patientenanwältin nicht befürwortet und, wie im Falle der Neos, vehement für ein öffentliches Hearing eintritt, ist das eine – und eine legitime politische Haltung.

Eine Kampagne ist es, wenn eine Zeitung dem Bashing dieser Person gleich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen riesige Seitenaufmacher widmet, mit Schlagzeilen wie dieser: "Was tun Sie für uns Wiener in Ihrem 13.000-Euro-Job, Frau Pilz?" oder einer "Umfrage", bei der herauskommt: "Blasse" Patientenanwältin ist nur wenigen Wienern bekannt – um dann auch gleich drohend darauf hinzuweisen, dass man um ein Interview angefragt habe, "damit sie uns diese Fragen hoffentlich bald beantwortet". Das Interview wurde pflichtschuldigst gegeben – was einmal mehr die zugeschriebene (und auch geglaubte) Macht des Boulevards zeigt.

Pingpong mit FPÖ

Bemerkenswert ist weiters, dass "Krone" und FPÖ in der Causa Sigrid Pilz eine Art Pingpongspiel betreiben: Wann immer ein Anti-Pilz-Artikel erscheint, wird er von FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl flankiert, der sie in seinen Aussendungen mal als "Schweigeanwältin", dann wiederum als "gnä Frau Patientenanwältin", dann wiederum als "ungefähr so bekannt wie der Cousin des Staatspräsidenten von Nigeria" bezeichnet.

Ob Sigrid Pilz eine gute Patientenanwältin ist oder ob es eine bessere Alternative gibt, ob sie zu Recht oder Unrecht zu den von "Krone", FPÖ und Ärztekammer befeuerten Aufregungen geschwiegen hat, ob sie auf anderer Ebene aktiv wurde – all das sollte der Wiener Landtag in einem Hearing entscheiden. Transparent, unvoreingenommen, sachlich. Freilich stellt sich die Frage, wie das gelingen kann, wenn eine Kandidatin im Vorfeld medial fertiggemacht wird. (Petra Stuiber, 17.3.2017)