Schon viele Kinder erleben ihren Alltag als Aneinanderreihung von Terminen. Unverplante Zeit zur Verfügung haben sie kaum.

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Montag Judo, Dienstag Klavierunterricht, Mittwoch Schwimmen, Donnerstag Logopädie – die Terminkalender vieler Kinder sind übervoll. Wenn es die ökonomischen Bedingungen der Eltern zulassen, werden Kinder nach der Schule in Sporttrainings, Sprachkurse und Förderstunden geschickt. Schließlich geht es darum den Nachwuchs bestmöglich zu fördern und vorhandene Talente von Kindesbeinen an zu nutzen. Doch viele Eltern übersehen dabei, dass sie ihren Kindern kaum noch freie Zeit lassen.

Überorganisierte Lebensstile

Eine schwedische Studie hat nun die Tagesabläufe von Kindern in Schweden und den USA untersucht – und dabei auch die Betroffenen selbst zu Wort kommen lassen. Mädchen und Jungen zwischen sechs und sieben Jahren, alle aus finanziell stabilen Familien wurden befragt, wie sie ihren Alltag erleben. Mit dem Ergebnis: In beiden Ländern nehmen Kinder ihre Tagesabläufe als übermäßig verplant und strukturiert wahr. Was sie aber als stressig empfinden, ist unterschiedlich.

"Sowohl in den USA als auch in Schweden beklagen die Kinder, dass ihnen immer weniger Zeit für ihre eigenen Aktivitäten bleibt", sagt Ylya Odenbring, Studienautorin und Universitätslektorin am Institut für Pädagogik an der Universität Göteborg. Interessantes Detail: Die Gründe, weshalb die Kinder ihre Zeit als zu verplant wahrnehmen, unterscheiden sich von Land zu Land.

Odenbring: "Die US-amerikanischen Kinder geben lange Schultage, Hausübung und zu viele Freizeitangebote als Gründe dafür an, warum sie ihren Alltag als überreguliert erleben. Die schwedischen Kinder hingegen verbinden das Hinbringen und Abholen von der Schule zum nächsten Termin mit ständigem Nörgeln und Stress." Fazit: Die Art und Weise, wie Kinder ihren Alltag beschreiben, deute auf allzu organisierte Lebensstile hin, so die Autorin.

"Verschulung" der Kindheit

Auch in früheren Studien wurde darauf hingewiesen, dass Kinder in westlichen Gesellschaften immer mehr Zeit in Bildungseinrichtungen verbringen und die verbleibenden Tagesstunden mit Freizeitprogrammen zusätzlich strukturiert seien. Eine Entwicklung, die zunehmend auch Klein- und Schulkinder betrifft. Odenbring spricht in diesem Zusammenhang von einer "Verschulung" der Kindheit, die sich von der frühen Kindheit durch die Pubertät ziehe: "Aus einer breiteren gesellschaftlichen Perspektive fragt die Studie auch danach, inwiefern die Stimmen der Kinder in die Diskussion einbezogen werden und wie im Alltag zusätzlicher Stress vermieden werden könnte – zum Wohle der Kinder." (chrit, 20.3.2017)