Von links nach rechts: Der ehemalige BZÖ-Abgeordnete und Haider-Sprecher Stefan Petzner, Kärntens Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler und die seinerzeitigen Landesräte Uwe Scheuch und Harald Dobernig.

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Klagenfurt – Ja, er ahne, dass er verurteilt werde, sagt Stefan Petzner kurz bevor Richter Christian Liebhauser-Karl die Entscheidung des Gerichtes verliest. Und Petzner sollte recht behalten: Der ehemalige Pressesprecher von Jörg Haider und "Macher" jener BZÖ-Broschüre, um die sich der ganze Prozess gedreht hat, wird wegen Veruntreuung von Landesgeldern zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt.

Der ehemalige BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler erhielt neben einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 50 Euro eine Haftstrafe von acht Monaten bedingt, der ehemalige Landesrat Uwe Scheuch von 220 Tagessätzen zu je 100 Euro fasste ebenfalls eine Geldstrafe aus, Ex-Finanzlandesrat Harald Dobernig, der wie Scheuch bereits vorbestraft ist, wurde zu vier Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt. Für Richter Liebhauser-Karl ist der Tatbestand klar erfüllt. Die Angeklagten hätten öffentliche Gelder für die BZÖ-Werbebroschüre verwendet. Die Schadenssumme liegt bei 186.000 Euro.

Die seit Wochen verhandelte Causa ist ebenso simpel wie strafbar. Weil das Kärntner BZÖ im Wahlkampfjahr 2009 unter Geldmangel litt oder ganz einfach sparen wollte, ließ sich die BZÖ-Regierungsspitze eine Wahlkampfbroschüre vom Land Kärnten finanzieren. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und brachte schließlich Dörfler, Dobernig, Scheuch und Petzner wegen Veruntreuung von Landesgeldern vor Gericht.

Mit ihnen saßen auch zwei Manager der Landesimmobiliengesellschaft auf der Anklagebank, weil über sie die Finanzierung der Broschüre gelaufen war. Sie kamen mit einer Diversion davon und mussten jeweils rund 20.000 Euro Strafe zahlen. Zudem verloren sie ihre Jobs. Die Landesimmobiliengesellschaft hat sich jetzt als Privatbeteiligte angeschlossen und will von den Angeklagten die damalige Finanzierung der Broschüre refundiert wissen.

Petzner und Dobernig legten nach einigen zähen Verhandlungsrunden vor Richter Liebhauser-Karl letztlich ein Geständnis ab. Ja, es sei ihnen bewusst gewesen, dass die Broschüre vordringlich für das BZÖ produziert worden sei.

Dörfler und Scheuch wussten von nichts

Dörfler und Scheuch blieben bis zum Schluss dabei, dass sie bis zu dem Tag, an dem die Broschüre an Kärntner Haushalte verschickt wurde, nicht gewusst hätten, dass es sich um reines BZÖ-Wahlkampfmaterial handelte. Dörfler und Scheuch hatten je 5.000 Euro aus ihren Ressorts zu dem Machwerk beigesteuert. Auch in den Schlussplädoyers blieben die Anwälte der Angeklagten bei ihrer Verteidigungsstrategie.

Es habe "keinen Tatplan, der hätte eine kriminelle Energie verlangt", gegeben, sagt Dobernigs Anwalt Leopold Wagner. Schuld sei, da sind sich die Verteidiger von Uwe Scheuch, Dobernig und Dörfler ziemlich einig, eigentlich Petzner gewesen. "Er war im Graubereich der Politik mit einer Macht ausgestattet, die nicht zulässig war", sagt Wagner, der für seinen Mandanten um Milde bittet. Dobernig sei damals 28 Jahre alt gewesen und mit Sachen konfrontiert, "die seinen Horizont möglicherweise überstiegen haben".

Petzner als "Mastermind"

Auch Uwe Scheuchs Verteidigerin Ulrike Pöchinger sieht die ganze Verantwortung für die Causa bei Petzner.

Für die Staatsanwaltschaft ist die Sachlage klar: Petzner sei tatsächlich eine Art Mastermind gewesen. Dörfler und Scheuch, die auf Freispruch plädieren, hätten immer nur das zugegeben, was man ihnen nachweisen konnte. Im Grunde hätten aber alle mitgewirkt. Danach hätten alle vier versucht, die Sache zu vertuschen. Die mit Landesgeldern finanzierte BZÖ-Broschüre habe "nicht dem Wohl des Landes gedient". Somit sei der Tatbestand der Untreue erfüllt.

Eigentlich war die Broschüre ja noch für Landeshauptmann Jörg Haider konzipiert worden – als Imagewerbung für den Wirtschaftsstandort Kärnten. Nach dem Tod Haiders hatte Petzner das Material auf Landeskosten zu einer Wahlkampfbroschüre für das BZÖ "umgemodelt", wie er im Laufe des Prozesses auch zugab.

Die Staatsanwaltschaft hat 219.000 Euro als Schadenssumme eruiert. Der Strafrahmen für derartige Untreuedelikte liegt bei einer Schadenssumme von bis zu 300.000 Euro bei drei Jahren Haft. Früher hätten Dörfler und Co mit einer Strafe bis zu zehn Jahren rechnen müssen, da die Grenze bei 50.000 Euro lag. Die Grenze wurde erst kürzlich bei der Strafrechtsreform 2016 angehoben.

Die Ironie des Prozesses

Für Dörfler ist das aber nur ein kleiner Trost. Denn er muss mit weiteren Erhebungen der Justiz rechnen, die die Bauaufträge, die er seinerzeit als Landesbaureferent vergeben hat, jetzt genauer unter die Lupe nimmt. Dörfler wird von Beamten beschuldigt, für Bauaufträge Sponsorbeiträge von Firmen verlangt zu haben, was der ehemalige Landeshauptmann heftig bestreitet. In einem Fall allerdings gestand er zu, "einen Fehler" begangen zu haben.

Der Prozess entbehrt nicht einer gewissen politischen Ironie. Vor Richter Liebhauser-Karl musste auch der derzeitige FPÖ-Klubchef im Landtag, Christian Leyroutz, aussagen. Leyroutz, der seinerzeit bei der Parteispaltung nicht zum BZÖ gewechselt war, hatte im Februar 2009, kurz nachdem die BZÖ-Broschüre an die Haushalte versendet worden war, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt erstattet. Er regte an, gegen Dörfler, Dobernig und Petzner wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Untreue zu ermitteln. Im jetzigen Prozess gab er sich milder. Immerhin sind fast alle ehemaligen BZÖler reumütig in den Schoß der Freiheitlichen zurückgekehrt. (Walter Müller, 16.3.2017)