Der Rechtspopulist Geert Wilders konnte mit seiner Partei zwar zulegen, landete aber deutlich abgeschlagen auf Platz zwei.

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Das Ergebnis fiel deutlicher aus als erwartet: Zwar konnte der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei bei der Parlamentswahl in den Niederlanden zulegen, landete aber deutlich abgeschlagen auf Platz zwei. Das ist überraschend, auch wenn Umfragen bereits vor zwei Wochen erstmals signalisiert hatten, dass Premier Mark Rutte den Wettstreit für sich entscheiden könnte. Aber es gab auch Zahlen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraussagten. Trotz Verlusten für Ruttes rechtsliberale Partei landete diese mit deutlichem Vorsprung auf Platz eins.

Dank an Erdoğan

Bedanken kann sich Rutte nicht nur bei seinen Wählerinnen und Wählern, sondern auch bei türkischen Politikern, allen voran Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Die völlig überzogenen Angriffe inklusive Schwingens der Nazikeule boten Rutte die Möglichkeit, nicht nur Härte mit seinem De-facto-Einreiseverbot für Erdoğans Minister, die für das Verfassungsreferendum werben wollten, zu demonstrieren.

Auch das TV-Duell am Montagabend gegen Wilders konnte Rutte für sich entscheiden, indem er außerdem das richtige Maß an Besonnenheit zeigte und sich als Staatsmann und Krisenmanager präsentierte. "Geert Wilders ist Chaos" – dieser Spruch verfing sich offensichtlich. Rutte könnte nun zum dritten Mal Ministerpräsident werden, es ist sein persönlicher Erfolg, ein Sieg der Vernunft. Rutte bot Populisten die Stirn, politisch sind die Niederlande nach diesem Wahlkampf weiter nach rechts gerückt.

Die Quittung für die teilweise schmerzhaften Reformen und sozialen Einschnitte haben jedoch die mitregierenden Sozialdemokraten präsentiert bekommen. Sie haben drei Viertel ihrer Wähler verloren, was bedeutet, dass die bisherige Koalition keine Mehrheit mehr hat und eine Regierungsbildung schwierig wird. Wahlgewinner sind die Grünen, die mit ihrem erst 30-jährigen Spitzenkandidaten Jesse Klaver eine Art Anti-Wilders aufboten und ihr Ergebnis sogar beinahe vervierfachen konnten. Sie konnten sich mit ihren links-grünen Vorschlägen als Alternative zu den Sozialdemokraten profilieren.

Rhetorischer Scharfmacher

Rutte hat gezeigt, dass es sich lohnt, in Auseinandersetzungen mit Populisten klare Positionen zu beziehen und manchmal auch Härte zu zeigen – womit er zum Vorbild für den präsumptiven ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz taugt. Wilders erhob immer extremere Forderungen und präsentierte sich als Zündler, aber nicht als Politiker, der Lösungen für Probleme anbietet. Der glühende Trump-Verehrer setzte vor allem auf Twitter als Kommunikationsmittel und hat relativ wenige Wahlkampfauftritte absolviert.

Mit seinem Hauptthema, der Warnung vor der drohenden Islamisierung der Niederlande, konnte er jedoch Stimmen gewinnen. Offensichtlich schreckten Sympathisanten doch davor zurück, dem rhetorischen Scharfmacher in dieser internationalen Krisensituation und der labilen innenpolitischen Lage die Führung des Landes zuzutrauen.

In ganz Europa war die Wahl mit besonderer Spannung verfolgt worden. Nach Österreich, wo sich am Abend der Bundespräsidentenwahl schon Rechtspopulisten aus verschiedenen Ländern in der Erwartung eines sicher geglaubten Sieges eingefunden hatten, konnte der Vormarsch eines Populisten und EU-Gegners gebremst werden.

Das wird der politischen Konkurrenz von Marine Le Pen in Frankreich, jener von Beppo Grillo in Italien und der AfD in Deutschland Auftrieb geben. Denn in diesen Ländern stehen heuer noch Wahlen an, 2017 ist ein entscheidendes Jahr für die Weiterentwicklung Europas. Dass nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten der Siegeszug der Populisten gestoppt sei, ist ein vorschnelles Urteil – auch wenn das erratische Agieren Trumps für Populisten in Europa nicht gerade eine Empfehlung ist.

Polarisierung steigert Wahlbeteiligung

Der Ausgang der Urnengänge beeinflusst nicht nur die Politik eines Landes. Zu den ersten Gratulanten gehörten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die sich im September erneut der Wiederwahl stellt, und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Das Signal, das von den Niederlanden ausgeht, ist klar: Man muss Populisten etwas entgegenhalten und kann mit klaren Positionen Vertrauen (zurück)gewinnen – auch mit einem klaren Pro-EU-Kurs. Die Polarisierung hat dazu beigetragen, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist, auch das ist ein erfreuliches Ergebnis und ein Zeichen einer lebendigen Demokratie. (Alexandra Föderl-Schmid, 15.3.2017)