Seit Wochen haben Hühner Hausarrest: Wegen der Gefahr einer Ansteckung mit Vogelgrippe gilt in Österreich die Stallpflicht. Freilandeier werden dennoch verkauft.

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Salzburg / Sankt Pölten / Wien – Dass seine 50 Hennen und Hähne derzeit in einem Stall oder abgedeckten Gehege leben müssten, sieht ein Kleingeflügelhalter nicht ein: "Ich halte die Stallpflicht für völligen Humbug", sagt der Landwirt dem STANDARD. Seit 10. Jänner müssen Vögel in Österreich vorsorglich in Stallungen oder abgedeckten Gehegen gehalten werden. Die Tiere müssten aber jetzt, wenn es wärmer wird, hinaus, sagt der Hendlbesitzer: "Der Frühling ist die schlechteste Zeit, um sie im Stall zu halten." Probleme mit Schädlingen, ein eingeschränkter Brutinstinkt und Kämpfe der Tiere untereinander seien die Folge.

Eine Reihe von Verstößen

Wer sein Geflügel nicht eingesperrt hält, riskiert eine Anzeige. Die Gefahr, dass die Tiere an Vogelgrippe erkranken könnten – durch Übertragung des A(H5N8)-Virus über den Kot von Wildvögeln -, hält der Bauer für "sehr gering".

Damit scheint er nicht allein zu sein: "Sicher eine ganze Reihe Kleingeflügelhalter" würde gegen diese Vorschrift verstoßen, beobachtet Josef Schöchl von der Veterinärdirektion Salzburg. In Niederösterreich sei ein Missachten der Stallpflicht "im kleinen Rahmen ein Thema", sagt der dortige Leiter der Landesabteilung für Veterinärangelegenheiten, Wigbert Roßmanith. Ein Überblick über Verstöße fehlt den Ländern, da die Anzeigen Angelegenheit der Bezirke sind.

Ministerium abwartend

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) beobachtet die Vogelgrippe in Österreich und seinen Nachbarstaaten und gibt die diesbezüglichen Daten ans Gesundheitsministerium weiter, das eine Risikoabschätzung vornimmt. Wann die Stallpflicht aufgehoben werden kann, wagte man im Ministerium am Mittwoch nicht zu beantworten. "Man muss noch abwarten", sagte eine Sprecherin. Salzburgs Veterinärdirektor Schöchl meint zu beobachten, dass die Zahl der Fälle langsam zurückgeht.

Keine Übertragung auf Menschen

Die Ages wies das Virus in Österreich seit seinem Aufkommen im November 2016 bei 152 Wildvögeln nach sowie in einem Putenbetrieb in Vorarlberg und in einem Geflügelbetrieb im Burgenland. Zuletzt hat das Einschläfern der Pelikane im Schönbrunner Zoo für Aufsehen gesorgt. Das Vogelgrippevirus ist für Geflügel hochansteckend, eine Übertragung auf Menschen ist bisher nicht bekannt.

Obwohl sich Hennen seit Wochen im Stall aufhalten müssen, mangelt es in den Supermarktregalen nicht an Freilandeiern. Der Grund: Die Geflügelhalter dürfen im Falle einer veterinärrechtlich verhängten Beschränkung die Lebensmittel Eier zwölf Wochen lang weiter als Ware "aus Freilandhaltung" verkaufen.

Freilandei aus Außenscharraum

Diese Frist würde am 4. April verstreichen. Allerdings gewährt das Landwirtschaftsministerium weitere Ausnahmen: So dürfen Freilandbetriebe Eier auch weiterhin als Freilandeier bezeichnen, wenn sie über einen Außenscharrraum verfügen. Dieses Areal muss nach oben geschützt und an den Seiten abgeschlossen sein, aber durch Gitter oder Netze das Außenklima zulassen. Die Fläche muss mindestens 20 Prozent der Stallfläche betragen, und der Boden muss zum Scharren geeignet sein.

Bei Toni's Freilandeier heißt es, dass die meisten Betriebe bereits derlei besäßen, alle übrigen würden nachrüsten. Als aus Freilandhaltung stammend deklarierte Eier wird es zu Ostern also definitiv geben – selbst wenn dann noch immer die Stallpflicht gilt. (Gudrun Springer, 16.3.2017)