"Frau Schindler" ist eine beachtliche Ensembleleistung unter der musikalischen Leitung von Andreas Kowalewitz.

Foto: Christian POGO Zach

Auch gute Menschen haben so ihre Probleme. Zum Beispiel das Ehepaar Schindler, es streitet sich gerne und ausführlich. Oskar Schindler ist seiner Emilie untreu, sie verachtet seinen Opportunismus in Bezug auf nationalsozialistische Amtsträger. Er war halt nicht nur der spätestens seit Steven Spielbergs Filmklassiker Schindlers Liste gefeierte Judenretter und Menschenfreund, sondern auch Geschäftsmann.

Freilich spielen die Abgründe Oskar Schindlers bei der Münchner Opernuraufführung letztlich nur eine kleinere Rolle, wirkmächtiger und eindringlicher sind auch hier Judenverfolgung und NS-Brutalität. Erzählt wird das allerdings aus der Perspektive Emilie Schindlers und es sind ihre Sorgen, Nöte und Reflexionen, die der bekannten Geschichte eine spannende Variante hinzufügen.

Leider muss die wunderbare Katerina Hebelková in der Titelrolle aber immer wieder arg triviale Texte zum Besten geben, etwa über die Schwierigkeit, eine gute Hausfrau zu sein. Das rumpelnde Libretto gibt so auch manchem Kitschmoment breiten Raum, was wiederum zur Musik passt.

Wenig Variabilität

Der Amerikaner Thomas Morse nennt seine Methode "neo-romantischen Minimalismus": mit reichlich Pathos geschwängerte Orchesterausbrüche kombiniert er mit eher im Hintergrund surrenden repetitiven Mustern. Ab und an wird es flächig-kratzbürstig, ein bisschen im Stil von György Ligeti. Im Ganzen gibt es viel zu viel Text und zu wenig musikalische Variabilität.

Gekonnt gesetzt ist das alles aber schon. Gesungen wird zum einen überwiegend toll. Das Ensemble ist riesig, selbst in kleineren und mittleren Rollen hört man Erstaunliches, etwa Levente Páll als Wache und Kommandant oder Jennifer O'Loughlin als Emilie Schindlers Hausmädchen Marthe Marker. Zum anderen inszeniert Regisseur Kenneth Cazan einen historischen Bilderbogen auf einer großen Scheibe: rasch wechseln Räume und Situationen. Man spielt in der Reithalle, einer Ausweichstätte fürs Münchner Gärtnerplatz Theater, das gerade saniert wird. Trotz begrenzter Technik gelingt es Cazan und seinem Ausstatter Kevin Knight, starke Stimmungen zu schaffen.

Nach den Kriegswirren verschlägt es die Schindlers nach Argentinien, dort bleibt Emilie am Ende allein zurück, in der letzten Szene der Oper begegnet sie einem Reporter, der sie mit der Aussage "Sie sind eine Heldin!" überrascht. Tatsächlich erweist sich in der Rückschau Emilie Schindler als deutlich moralischere und bei der Rettung von Juden stärker involvierte Figur denn ihr Mann. Man kann natürlich diskutieren, ob das den historischen Tatsachen exakt entspricht. Aber das ist vielleicht gar nicht so entscheidend. (Jörn Florian Fuchs, 14.3.2017)