Neben seiner Ausbildung zum Kardiologen forscht Konstantin Krychtiuk in der Freizeit.

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Wien – Konstantin Krychtiuk ist Arzt mit Leib und Seele, und gleichzeitig treibt ihn eine große Leidenschaft zur Forschung. Beides unter einen Hut zu bringen ist für den angehenden Facharzt für Innere Medizin zwar nicht leicht, aber unverzichtbar. Da seine Ausbildung an der Abteilung für Kardiologie der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin II den Großteil seiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt, forscht der 31-Jährige eben in seiner Freizeit.

Was er dabei wissenschaftlich durchleuchtet, hat viel mit seinem Alltag im Krankenhaus zu tun: "Auf der Intensivstation sehen wir oft Patienten, die aus ganz unterschiedlichen Gründen dort landen, aber alle eine unspezifische, schwere Entzündungsreaktion zeigen." Bei dieser als "systemic inflammatory response syndrome" (SIRS) bekannt gewordenen "Schein-Sepsis" lassen sich jedoch keine Erreger nachweisen.

In einer Beobachtungsstudie konnte Krychtiuk nun Mitochondrien als mögliche Auslöser identifizieren. Mitochondrien sind vor Jahrmillionen in Einzeller eingewanderte Bakterien, die seither in Symbiose mit ihren Wirtszellen leben und noch heute einige bakterielle Merkmale aufweisen. "Durch massive Organschäden werden bei schwerkranken Patienten vermehrt intrazelluläre Moleküle freigesetzt, unter denen sich auch mitochondriale Bestandteile befinden", sagt Krychtiuk. "Aus Tierversuchen wissen wir, dass Immunzellen die mitochondriale DNA ebenso wie bakterielle DNA über spezielle Rezeptoren erkennen und eine Entzündungsreaktion auslösen."

Untersuchungen an über 200 Patienten haben gezeigt, dass ein Übermaß an zirkulierender mitochondrialer DNA zusammen mit einer verstärkten Ausbildung dieses Rezeptors mit einer deutlich erhöhten Sterbewahrscheinlichkeit einhergehen, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht und Aufnahmegrund der Patienten. "Zurzeit schauen wir uns an, ob es auch beim Herzinfarkt zu einem Ansteigen der mitochondrialen DNA kommt", berichtet der Mediziner.

Blockade als mögliche Therapie

Wie man diese gefährliche "Schein-Sepsis" unterbinden könnte? Die naheliegende Idee sei eine Blockierung der entsprechenden Rezeptoren, über die Immunzellen mitochondriale DNA erkennen. "Da der menschliche Körper aber ein sehr komplexes System ist, muss man zunächst herausfinden, was so eine Blockade überhaupt bewirkt", verweist Krychtiuk auf die großen Forschungsaufgaben, die noch vor ihm liegen. "Für eine gezielte Therapie muss man außerdem noch bestimmte Krankheiten wie beispielsweise den Herzinfarkt genau untersuchen."

Um seinem Forschungsziel näherzukommen, verbringt der Mediziner seine Abende zurzeit häufig im Labor. Ob da überhaupt noch Zeit für ein Privatleben bleibt? "Durch die neuen Arbeitszeitregelungen gelingt es mir mittlerweile ganz gut, ab und zu ein verlängertes Wochenende zu basteln und mit meiner Partnerin zu verreisen", sagt Krychtiuk.

Und manchmal geht sich sogar mehr als ein Kurztrip aus: Weihnachten zum Beispiel hat Konstantin Krychtiuk in Neuseeland verbracht, und wenn es sich irgendwie einrichten lässt, soll das Fernweh künftig auch durch Forschungsaufenthalte – vorzugsweise in den USA oder Australien – gestillt werden. (Doris Griesser, 20.3.2017)