Stephen Gould als Tristan, Petra Lang als Isolde – an der Wiener Staatsoper.

Foto: Wiener Staatsoper / Ashley Taylor

Unter blutigem Mond stehend, hat die treueste Holde ordentlich die Faxen dicke. Verhöhnt vom Mörder ihres Bräutigams fühlt sich Isolde. Sie hat einst auch noch dessen Wunden geheilt, die Blessuren dieses Tristan. Und nun schleppt er sie zu seinem Herren, König Marke, als Braut – das ist ganz schön viel Ballast für die Ehre, das ist nicht auszuhalten. Da muss der Herr Tristan schon noch bei Isolde vorsprechen zwecks ehrenvollem Doppelselbstmord. Allerdings weiß man, dass er – dank Brangäne und dem Liebestrank – misslingt, worauf die Nacht der Liebe anbricht. Wie auch immer. Petra Lang ist (als Isolde) von Anbeginn an eine furios wütende Dame, die Sarkasmus versprüht und Verzweiflung in Wut verwandelt. In dieser mit grotesken Matrosen- und Soldaten-Choreografien verzierten Inszenierung von David McVicar ist sie der dynamische, szenische Lichtblick. Vokal sind ihr Spitzentöne von großer Klarheit, Intensität und Strahlkraft gegeben. Nach unten hin lässt die Stimmenergie nach, auch wenn dem Timbre eine metallische Färbung zueigen ist. In Summe eine tadellose Leistung, übertroffen jedoch von Stephen Gould als Tristan.

Hinsehen muss man zwar nicht; darstellerisch wirkt die Leistung quasi asketisch. Gould ist aber im Besitz von Durchschlagskraft, Klangschönheit und vokaler Ausdauer, die alles aufwiegt. Außerdem ist die Inszenierung ohnedies auf Reglosigkeit hin angelegt. "O sink hernieder" hatte jedenfalls reichlich Poesie zu bieten, wobei Gould auch im Delirium der Todesqualen des dritten Aktes noch der impulsive und robuste Advokat des Dramatischen ist. Fulminant.

Erstmals waren im Haus am Ring Kwangchul Youn als König Marke und Sophie Koch als Brangäne zu erleben. Letztere ließ an mancher Stelle kostbarst Emotion zu Klang werden. Solide wirkte Kwangchul Youn. Matthias Goerne (als Kurwenal) brachte im dritten Akt liedhafte Lyrik ein, Clemens Unterreiner war als Melot robust. Dirigent Mikko Franck ließ agil und flott musizieren, Intimität und Pracht hielten einander in der Ekstase die Waage. Kleine Verrutscher – auch im Blech und später in bei den Holzbläsern – waren zu vernachlässigen. Schließlich Applaus. (toš, 13.3.2017)