"The Provisory Rug" von Isabel Nolan wurde von den Mustern, die eine Patientin in einer psychiatrischen Klinik 1894 auf den Boden legte, inspiriert.


Foto: Renato Velarde

Kate Strain, Dubliner Kuratorin und neue Chefin des Kunstvereins.

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Graz – "Die Kunst muss nichts. Die Kunst darf alles." Ein bekanntes Zitat, von dem nur wenige wissen, von wem es stammt. Irgendwo hoch oben in der Luft war es, da las die junge Irin Kate Strain ein Buch eines 1972 in der Steiermark verstorbenen Mannes, das sie sofort vollkommen begeisterte. Sie war auf ihrem Heimweg von Graz nach Dublin, wissend, dass sie die Leitung des Grazer Kunstvereins übernehmen werde, zaudernd, ob sie wirklich vier Jahre nach Graz ziehen sollte. "Die Bundespräsidentenwahl war gerade annulliert worden, und ich überlegte, ob es gut war, nach Österreich zu ziehen, in einer Zeit, wo in ganz Europa der Nationalismus im Aufwind ist", erzählt Strain, die gerade Deutsch lernt.

Es war Fischers Buch Von der Notwendigkeit der Kunst von 1959, das die 33-jährige Kuratorin aus Dublin so inspirierte, dass sie ihm einen gewichtigen Platz bei der Programmierung des am Freitag neu eröffneten Kunstvereins einräumte. Fischer war ein 1899 in Böhmen geborener Journalist, Autor, Dramatiker und Kommunist, der in Graz Philosophie studiert hatte, nach Moskau ging und nach dem Zweiten Weltkrieg Kulturstaatssekretär der KPÖ war – eine Funktion, die heute einem Minister entsprechen würde. Nach dem Prager Frühling kam es zum Bruch mit der KPÖ, weil Fischer den "Panzerkommunismus" ablehnte. In der Kunst sah Fischer eine Möglichkeit, die Welt zu verbessern, einen Raum für Revolutionäres, aber auch für Magie. Die Instrumentalisierung der Kunst als reine Propaganda lehnte er ab.

Fischer starb 1972 bei einem Besuch im Landhaus Feuerlöscher, wo sich im Krieg Widerstandskämpfer und Künstler getroffen hatten. Strain richtete nun 45 Jahre später im hinteren Bereich des Kunstvereins eine Bibliothek mit seinen Werken ein, die Besucher nutzten können. Bis 20. März ist ein Gemälde Georg Eislers, das Fischer zeigt, zu sehen. "Er ist ein paar Tage bei uns zu Besuch", so Strain über die private Leihgabe.

Auch abgesehen von Fischer gibt es viel Neues – und auch viel Irisches – im Palais Trauttmansdorff, wo es nach dem Umbau weniger Zwischenwände, dafür aber mehr Luft und Licht gibt. Eine zentrale Arbeit ist die permanente Installation The Provisory Rug der Irin Isabel Nolan. Der "Teppich" sieht fast lieblich verspielt und leicht aus. Seine Teile sind mit häuslichen Stoffen überzogenen, doch aus Metall und so schwer, dass man sie kaum aufheben kann. Nolan wurde von alten Fotografien des Zimmers von Marie Lieb, einer Frau, die 1894 in einer Nervenklinik in Heidelberg lebte, inspiriert. Lieb riss Bettwäsche in Streifen und legte damit akribisch Muster auf den Boden. Nolan selbst schuf mehrere Anordnungen, die sie je einer Person widmete – die Arbeit ist also adaptierbar.

Eine andere bemerkenswerte Installation ist Space for an Agreement der 1982 in Bad Ischl geborenen Isabella Kohlhuber. Ihre schwarzen Stücke sind einerseits Schriftzeichen, die nur Kohlhuber lesen kann, andererseits als Möbel verwendbar. Hier verhält es sich genau umgekehrt zu den mit Stoff überzogenen Teilen Nolans: Kohlhubers Möbel muten wie schweres, schwarz lackiertes Holz an, sind aber aus leichtem Kunststoff.

Im Foyer gestaltete Fiona Hallinan eine mobile Bar neben der in Orange frischgestrichenen Bibliothek der Mitglieder. Der Jingle von Chris Evans begrüßt jeden Eintretenden mit einem Ton. Nur wenn sechs Leute hintereinanderkommen, erklingt der ganze Jingle. In Irland würde man sagen: Bring your family! (Colette M. Schmidt, 13.3.2017)