Bild nicht mehr verfügbar.

Sozialdemokrat Zoran Zaev.

Foto: AP Photo/Boris Grdanoski

Er präsentierte sich extra patriotisch. Hinter ihm waren viele mazedonischen Flaggen aufgereiht – aber auch die EU-Flagge war prominent platziert. Der bisherige mazedonische Oppositionsführer, der Sozialdemokrat Zoran Zaev, stellte am Freitag das Regierungsprogramm vor und gab gleichzeitig Präsident Gjorge Ivanov zehn Tage Zeit, ihm das Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen. Der Staatschef hatte dies bisher mit dem Argument verweigert, dass eine Koalition zwischen den Sozialdemokraten (SDSM) und den Albanerparteien den Staat Mazedonien gefährden würden.

Ivanovs Weigerung hatte zu einer schweren Verfassungskrise geführt. In Skopje versuchten zuletzt die OSZE und der deutsche Gesandte Christian Hellbach, den Präsidenten zum Einlenken zu bringen. Der Hintergrund: Die stimmenstärkste bisherige Regierungspartei VMRO-DPMNE, der Ivanov nahesteht, konnte nach den Wahlen im Dezember keine Mehrheit im Parlament finden. Die SDSM und die Albanerparteien wollen nun – auch wenn Ivanov nicht nachgibt – eine Parlamentssitzung einberufen, den Parlamentspräsidenten wählen, Ivanov von der Mehrheit zur Bildung der Regierung informieren und ein Kabinett bilden. Zaev will Premier werden.

Sprachengesetz erweitern

Er sagte am Freitag, Ziel sei es Rechtsstaatlichkeit und Demokratie wieder herzustellen und das Land in die EU und in die Nato zu integrieren. Auf dem Plan steht eine Steuerreform und eine Reform des staatlichen Fernsehens. Weiters solle das Sprachengesetz im Rahmen der bisherigen Verfassung erweitert werden, damit alle Bürger – so Zaev – in ihrer Sprache mit staatlichen Institutionen kommunizieren könnten. Die Albanerparteien hatten im Vorfeld gefordert, dass auch Albanisch zur Amtssprache werden sollte.

Dies hatte in den vergangenen Tagen zu Massenprotesten im gesamten Land geführt. Die Demonstranten fürchten, dass Mazedonien ein "bilingualer" oder "binationaler" Staat werden könnte. Zirka 65 Prozent der Bevölkerung definieren sich als Mazedonier, etwa 25 Prozent sind Albaner, außerdem gibt es Türken, Roma, Serben, Bosniaken und Wlachen. Viele Demonstranten äußerten in den vergangenen Tagen die Sorge, dass sie mit dem Sprachengesetz dazu gezwungen würden, Albanisch zu lernen. Zudem wurden Ängste vor einer Gefährdung der nationalen Identität, einer Föderalisierung des Landes, einer Änderung der Flagge oder der Hymne geschürt. Es wurde sogar behauptet, die Albanerparteien wollten mithilfe von Albanien und dem Kosovo ein Großalbanien schaffen, obwohl dies auf keinerlei Fakten beruht.

Propaganda und Spannungen

Die interethnischen Spannungen hatten durch diese Propaganda massiv zugenommen. Zaev versuchte am Freitag zu beruhigen und meinte, dass es eine Lüge sei, dass nun alle eine andere Sprache lernen müssten. Er rief die Demonstranten auf, wieder in ihre Häuser zurückzukehren und betonte, dass das gesamte Programm verfassungskonform sei. Die Einheit und Souveränität der Republik würde nicht infrage gestellt.

Staatschef Ivanov, der als Erfüllungsgehilfe von VMRO-Chef Nikola Gruevski gilt und sein Handeln nach den Wünschen der Regierung in Moskau ausrichtet, hatte verweigert, das Mandat an Zaev zu geben, indem er auf eine "Plattform" der mazedonischen Albanerparteien verwies, die angeblich vom albanischen Premier Edi Rama – also aus dem Ausland – gesteuert gewesen sei. Tatsächlich hatten sich die Chefs der mazedonischen Albanerparteien in Tirana getroffen, um eine Erklärung zu finalisieren – ausgearbeitet wurde sie aber in Skopje.

Rama wurde laut den Angaben der mazedonischen Albanerparteien in die Causa involviert, weil diese tief zerstritten sind und sich nicht in Skopje treffen wollten. Die zunehmenden Spannungen auf dem Balkan nach der Wahl von Donald Trump und der vermehrte Einfluss von Russland waren auch Thema auf dem EU-Gipfel. (Adelheid Wölfl aus Skopje, 10.3.2017)