Matthias Krenn (Freiheitliche), Christoph Matznetter (sozialdemokratischer Wirtschaftsverband), Christoph Leitl (Wirtschaftsbund) und Richard Schenz von der Liste Industrie (v.l.n.r.) legten gemeinsame Reformpläne vor.

apa

Ab 2019 sollen 100 Millionen Euro pro Jahr weniger in die Kammertöpfe fließen.

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Wien – Für einen großen Konzern wie die Voestalpine ist es ein schönes Zuckerl, das die geplante Wirtschaftskammerreform bringen soll. Rund eine Million Euro werde sich der Stahlriese ab 2019 jährlich an Kammerbeiträgen ersparen, rechnete WKO-Präsident Christoph Leitl am Freitag vor. Für Gründer, die künftig im ersten Jahr keine Grundumlage mehr zahlen müssen, werden es immerhin ein paar hundert Euro sein.

In Summe will die Wirtschaftskammer ihre Mitglieder um jährlich 100 Millionen Euro entlasten. Darauf haben sich die großen Fraktionen – der ÖVP-Wirtschaftsbund, der sozialdemokratische Wirtschaftsverband, die Freiheitlichen sowie die Industrieliste – geeinigt. Zur Erinnerung: Quer durch alle Bereiche nahmen die Bundeskammer und ihre Teilorganisationen zuletzt etwa 870 Millionen Euro ein. Als frei verfügbar sieht man 670 Millionen Euro an, von denen nun 15 Prozent eingespart werden sollen.

Während die Entlastungsschritte schon recht konkret skizziert wurden, sind die Einsparungen auf der anderen Seite aber noch äußerst vage.

Aber der Reihe nach: Wie werden die Unternehmer entlastet?

  • Investitionen: Investitionen werden künftig aus der Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage 1 herausgerechnet. Das soll Einsparungen von 20 Millionen bringen.

  • Große entlasten: Bei der Kammerumlage 1 – sie hängt vom Umsatz des Unternehmens ab – wird der Berechnungsmodus generell umgestellt: Statt eines pauschalen Satzes (derzeit 3 Prozent der Bemessungsgrundlage) wird ein degressiver Tarif eingeführt. Je höher der Umsatz, desto niedriger soll also der Prozentsatz sein. Die genauen Werte stehen aber noch nicht fest. Gerechnet wird aber mit 15 Millionen an Einsparungen.

  • Lohnnebenkosten senken: Die Kammerumlage 2 – sie hängt von den Lohnkosten ab – soll um fünf Prozent sinken. Sparvolumen: 17 Millionen.

  • Gründer: Der erwähnte Entfall der Grundumlage für Gründer im ersten Jahr soll sechs Millionen bringen.

  • Mehrfachumlage: Generell soll die Grundumlage – sie fließt an die 857 WKO-Fachgruppen – nur mehr einmal kassiert werden. Wer derzeit mehrere Gewerbe angemeldet hat, etwa Dachdecker und Spengler, muss auch mehrfach zahlen. Auch für juristische Personen wird doppelt kassiert. Diese Entlastung soll 22 Millionen ausmachen.

  • Gewerbereform: Und schließlich sinken die Einnahmen der Kammer auch durch eine Maßnahme der Regierung. Im Zuge der Reform der Gewerbeordnung wird die Zahl der Gewerbeberechtigungen sinken, wodurch die WKO um 20 Millionen Euro umfällt.

Gleichzeitig will man in neue Serviceleistungen 34 Millionen Euro investieren. Geplant ist laut Leitl eine "Investitionsagentur", die mit universitäten Einrichtungen kooperieren soll. Genannt wurden die ETH Zürich und das Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Länder nicht auflösen

Wird es nun auf der anderen Seite dramatisch abgeschlackte Strukturen geben, um all das zu finanzieren? Diese nicht unwichtigen Details sollen nun erst intern verhandelt werden, sagte Leitl. Große Hoffnungen setzt man jedenfalls in die Digitalisierung.

An ein Auflösen von Länderkammern denkt Leitl nicht. Dennoch hofft er, dass es durch den Druck der Sparvorgaben zu Reformen kommt. So könne auf regionaler Ebene noch viel stärker zusammengearbeitet werden, heißt es. Und auch die enorm hohe Zahl an Fachgruppen – bei der letzten WKO-Wahl waren es 857 – soll sinken. "Ich bin mir sicher, dass es in diese Richtung gehen wird", deutete Leitl an.

Keine Kündigungen

Personal soll jedenfalls nicht gekündigt werden, auch an einen Sozialplan ist nicht gedacht. Der Mitarbeiterstand soll durch die Nichtnachbesetzung von freiwilligen Abgängen und Pensionierungen gesenkt werden. Pro Jahr habe man eine natürliche Fluktuation von vier Prozent der Belegschaft, sagte Leitl. Zwei bis drei Prozent davon sollen nicht nachbesetzt werden. Bei einem aktuellen Mitarbeiterstand von etwa 4.600 (Bund und Landesorganisationen) würden der Mitarbeiterstand also jährlich um 90 bis 140 sinken.

Die Freiheitlichen und die Industrieliste tragen die Pläne zwar mit, wären aber gern noch weitergegangen. Christoph Matznetter von den roten Unternehmern bezeichnete Leitl zwar als "mutig", hat aber Zweifel, ob der Kammerpräsident in der eigenen Fraktion damit durchkommt.

Dieser zeigte sich, obwohl immer wieder schon über einen baldigen Abgang spekuliert wurde, optimistisch und keineswegs amtsmüde. "Fad wird mir nicht." Sein Ziel für die nächsten Jahre: "Wir wollen die leistungsfähigste Wirtschaftskammer im weltweiten Vergleich sein." (go, 10.3.2017)