Das Strafvollzugsgesetz bietet ein ausreichendes Instrumentarium, um mit gefährlichen Insassen umzugehen.

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Niemand verkennt, welch wichtige und harte Arbeit die Justizwachebeamten Österreichs leisten. Das soll und wird auch geschätzt und wird ebenso wenig in Abrede gestellt. Die Forderungen der GÖD Tirol – ein Gewerkschafter sagte, es könne "nicht sein, dass Insassen, die aus Drittländern kommen, in Österreich eine Behandlung erfahren, die sie in ihrem Heimatländern nicht haben" – sind jedoch strikt abzulehnen und auch mit den verfassungsrechtlichen sowie gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar.

Zudem bietet das Strafvollzugsgesetz (StVG) ein ausreichendes Instrumentarium, um mit gefährlichen Insassen umzugehen. Es besteht bereits derzeit die Möglichkeit der Videoüberwachung sowie die der Ergreifung besonderer Sicherheitsmaßnahmen, die auch die Fesselung, Zwangsjacken sowie Einzelhaft umfasst. Auch verfügen Justizwachebeamte über Waffen. Was dringend notwendig ist, ist die personelle Aufstockung in den Justizwacheanstalten und zwar einerseits durch Justizwachebeamte und andererseits durch Betreuung insbesondere medizinisch-therapeutische Natur.

Verwahren von Straftätern – längst überholte Ansicht

Der Vorwurf des "Kuschelvollzugs" ist absurd. Die Aufgabe des Strafvollzugs als bloßes Verwahren zu betrachten ist eine längst überholte Ansicht. Wir haben uns Gott sei Dank weiterentwickelt und erkannt, dass die reine Verwahrung weder den Straftäter noch die Bevölkerung sicherer macht. Nur die Resozialisierung kann den Eintritt in das "normale", rechtskonforme Leben fördern und damit den Straftäter und die Bevölkerung vor weiterer Straffälligkeit schützen. Die Resozialisierung stellt daher einen gesetzlichen Auftrag dar, der auch in den "European Prison Rules" des Europarats vorgegeben ist.

Darüber hinaus ist die von der GÖD angedachte Zwei-Klassen-Haft für Aus- und Inländer diskriminierend und weder mit den österreichischen, den EU- noch den Europaratsvorgaben vereinbar und daher schlicht unzulässig.

Nicht genügend therapeutische Betreuung

Übrigens sind wir derzeit von einer Überbetreuung der Insassinnen weit entfernt. Es fehlt vielfach auch an therapeutischer Betreuung. Vergleicht man die österreichische Lage zum Beispiel mit jener in Deutschland, so zeigt sich ein deutlicher Nachholbedarf.

Insbesondere was den Maßnahmenvollzug betrifft, ist der Vorwurf der Überbetreuung absurd. Während der Maßnahmenvollzug in vielen Ländern wie Deutschland, Neuseeland et cetera ausschließlich in psychiatrischen Krankenhäusern erfolgt, sind in Österreich die zurechnungsfähigen "geistig abnormen" Straftäter überwiegend in Justizanstalten untergebracht und können dort auf unbestimmte Zeit angehalten werden. Tatsächlich befanden sich in den vergangenen 15 Jahren 80 Prozent dieser Straftäter in der Unterbringung, obwohl ihre Strafe längst ausgelaufen war. Dass die medizinische Betreuung in einer Abteilung einer gewöhnlichen Justizanstalt nicht der in einer Klinik entspricht, liegt auf der Hand.

Entbehrlicher Vorwurf

Die Aufforderung an Volksanwältin Gertrude Brinek, sich doch einmal einen Tag lang die Justizanstalt Innsbruck anzusehen und die Zustände mitzuerleben, ist völlig überflüssig. Brinek kennt diese gut. Sie war zuletzt im Oktober 2016 einen Tag lang in der Justizanstalt Innsbruck und hat dort auch mit Vertretern der GÖD Gespräche geführt, die damals keine besonderen Beschwerden hatten oder Forderung aufstellten.

Die Volksanwaltschaft verfügt über eine umfassende und tiefgehende Kenntnis des Strafvollzugs in Österreich, nicht nur durch die Besuche, die Brinek dort absolviert, sondern auch durch die unangekündigten Besuche, die die sechs Kommissionen der Volksanwaltschaft dort durchführen. Bei diesen Besuchen werden mit Justizwachebeamten sowie Insassen im Gesperre und den Leitern der Justizanstalt Gespräche geführt und der Alltag beobachtet. 2016 waren die Kommissionen der Volksanwaltschaft 37 mal in Justizanstalten in Österreich unterwegs. Es ist daher der von GÖD-Gewerkschafter Oliver Wille ausgesprochene Wunsch nach einem Besuch von Brinek in der Justizanstalt völlig überflüssig und die Vermutung "vielleicht ändert sie ja dann ihre Meinung und sieht, welch harten Job die Kollegen verrichten" daher ebenso entbehrlich. (Verena Murschetz, 8.3.2017)