Weltweit gehen Frauen am 8. März auf die Straße, um für die Wahrung und Verteidigung der Frauenrechte zu demonstrieren. Unsere Frage lautete: "Wenn Sie an die neue Frauenprotestwelle vom #czarnyprotest in Polen bis zum Women’s March in den USA denken, was bedeutet für Sie der Internationale Frauentag 2017?" (red, 8.3.2017)

"Auf zum goldenen Matriarchat!"

Stefanie Sargnagel, Autorin und Künstlerin

Foto: Heribert Corn

"Wenn es wirklich drauf ankommt, wie bei den neuen Abtreibungsgesetzen in Polen, dann gehen die Frauen überall verlässlich auf die Strasse und kämpfen. Hierzulande gibt es zwar in Sachen Frauenrechte auch noch allerhand zu tun, aber ein Datum wie der Internationale Frauentag ist für uns in Österreich eher ein Anlass, über das Schicksal von Frauen anderswo in der Welt nachzudenken. Und darüber, dass einmal erkämpfte Rechte auch schnell wieder weg sein können, wenn man nicht aufpasst. Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sondern Wachsamkeit benötigt. Das gilt auch für Frauenrechte."

Barbara Coudenhove-Kalergi, Journalistin, Herausgeberin und STANDARD-Kolumnistin

Foto: Heribert Corn

"Mit den Frauentagen ist es ein bisschen wie mit den Mimosen, die in Italien am 8. März verschenkt werden: sie halten nicht. Alles schön und gut, aber politische Bewusstseinsbildung muss täglich stattfinden und schon in der Kindheit beginnen. Frauen werden leider immer noch stark über Familie definiert, es gibt wieder zu viele Trumps und Erdogans, die unsere Freiheits- und Menschenrechte beschneiden. Was mir besonders am Herzen liegt: weibliche Flüchtlinge und Kinder gehören unter besonderen Schutz gestellt. Es ist unerträglich, dass zum Beispiel 70 Prozent der auf Lampedusa ankommenden Nigerianerinnen in der Zwangsprostitution landen."

Sabine Gruber, Schriftstellerin

Foto: Heribert Corn

"Der Internationale Frauentag 2017 ist ein Tag, an dem Frauen das tun, was sie an allen anderen 364 Tagen auch tun: sie bitten nicht, sie fordern. Es ist ein Tag, an dem Frauen sich nicht zufriedengeben, sondern mehr verlangen. Ein Tag, an dem sie nicht still und brav, sondern laut und aggressiv sind. Ein Tag, an dem Frauen weltweit darauf hinweisen, dass sie weniger verdienen als Männer, dass sie jeden Tag Opfer von männlicher Gewalt, Opfer sexueller Gewalt werden. Ein Tag, an dem Frauen voller Abscheu von der zunehmenden weltweiten Versklavung von Frauen sprechen und ein Ende dieser Schande verlangen."

Renata Schmidtkunz, Moderatorin, Redakteurin und Dokumentarfilm-Regisseurin beim ORF

Foto: ORF/Ursula Hummel-Berger

"Solange es in Österreich und überall sonst in der Welt kein gleiches Einkommen für Frauen und Männer gibt, in den meisten Führungspositionen Männer sitzen und es immer noch als Kompliment gilt, wenn man einer Frau ungebeten auf den Busen, Hintern oder sonst irgendwohin greift, sollte man mindestens am Internationalen Frauentag darauf hinweisen, dass sich etwas ändern muss."

Pia Hierzegger, Schauspielerin, Regisseurin, Autorin und Moderatorin

Foto: Johannes Gellner

"Ein Sexist wird US-Präsident, in Russland wird Gewalt gegen Frauen zum Kavaliersdelikt und in der Türkei will man den Frauen das Lachen verbieten. Das Lachen verging einer hierzulande angesichts der Angelobung der oberösterreichischen Männerregierung oder aktuell zum Arbeitsprogramm-Update der Bundesregierung – eine frauenpolitische Enttäuschung. In Zeiten wachsender Ungleichheit wuchert wieder der Antifeminismus und Frauenrechte kommen unter Druck. Aber wie sagte die Frauenrechtlerin Clara Zetkin: "Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Erst recht!" #aufschrei #CzarnyProtest #OneBillionRising #WomensMarch #frauenstreikoesterreich – Das 'Erst recht!' von heute."

Sonja Ablinger, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings

Foto: privat

"Es ist eigentlich eine Schande, dass wir uns im 21. Jahrhundert immer noch gegen niedrige Instinkte und unglaubliche Dummheit in der Politik und im Alltag zur Wehr setzen müssen. Und zwar als Frauen und als Menschen! Ich wünsche mir, dass der Internationale Frauentag irgendwann einmal obsolet wird – fürchte aber, dass ich das nicht mehr erleben werde!"

Susanne Scholl, Journalistin, Schriftstellerin und viele Jahre Auslandskorrespondentin des ORF

Foto: ORF III

"Schriller Rechtspopulismus ist jede Nachricht wert. Trumps Morgen-Twitter, Straches Abendkommentar auf Facebook, Identitäre am Dach. Eifrig empört sich medialer Mainstream und erzeugt damit maximale Verbreitung platter Ansagen. 2013 demonstrierten zehntausende Textilarbeiterinnen in Bangladesh, 2014 in Kambodscha, 2015 auf den Philippinen: für Löhne, die zum Überleben reichen und für Arbeitsbedingungen, die nicht das Leben kosten. Der Westen hat diese asiatischen Frauenbewegungen verschlafen. Nicht nur in den USA oder in Polen gehen Frauen auf die Straße. Für Demokratie und Antirassismus, gegen Gewalt und Ausbeutung. 8. März ist Arbeitskampf – im Zeitfenster von Neo-Kolonialismus und Kriegstreiberei."

Ulli Weish, Medienwissenschaftlerin und Aktivistin der plattform20000frauen.at

Foto: elmuli

"Der Frauentag ist ein wichtiger Gedenktag der feministischen Bewegung. Er erinnert uns daran, dass Sexismus und Unterdrückung von Frauen noch immer ein virulentes Problem – und der Kampf dagegen eine politische Hauptaufgabe für die gesamte Weltgesellschaft ist. Oder wie es die afroamerikanische Literaturwissenschafterin und Aktivistin bell hooks formuliert: 'Feminismus ist für alle!' Denn Feminismus bedeutet eine Politik der Liebe, und damit ein Versprechen für eine bessere Gegenwart und Zukunft.

Der Frauentag erinnert uns auch an unsere sozialistische Kindheit in Jugoslawien, an unsere (Groß-)Mütter, Lehrerinnen und andere Frauen, die wir verehrten und denen die gesamte Gesellschaft an diesem Tag Respekt zollte. Rot war und ist die Farbe dieses Tags. Übrigens feiern wir an diesem Tag auch den Geburtstag einer überzeugten Feministin, nämlich Natašas."

Nataša Mackuljak und Ivana Marjanović, Leitungsteam des Kulturfestivals WIENWOCHE

Foto: Daniel Jarosch

"…daß weiter gekämpft werden muss und es noch ein langer harter Kampf ist …"

VALIE EXPORT, Medienkünstlerin, Performancekünstlerin und Filmemacherin

Foto: TOPPRESS Austria/Schoendorfer

"Der Frauentag ist ein Tag, an dem das Schaffen von Frauen, Missstände in Sachen Gleichberechtigung und die Notwendigkeit von gleichen Rechten ganz bewusst sichtbar gemacht werden. Natürlich sollte, solange gleiche Rechte und Pflichten zwar auf dem Papier stehen, aber in der Realität noch nicht in allen Bereichen wie z.B. dem Einkommen oder der Haus- und Familienarbeit umgesetzt sind, jeder Tag ein Frauentag sein. Aber: Der Tag hilft, dass sich Frauen gegenseitig stärken und das konzertierte Auftreten macht die Stimme der Einzelnen zu einem gemeinsamen starken Stimme für positive Veränderungen."

Martina Madner, Journalistin und stv. Vorsitzende des Frauennetzwerk Medien.

Foto: privat

"Ich entschuldige mich gleich vorab bei allen kultivierten Menschen des Paläolithikums – aber vielleicht bedarf es solcher Neandertaler wie Trump und Korwin-Mikke, um die Öffentlichkeit wachzurütteln, um zu begreifen, dass die patriarchale Steinzeit auch in unseren Wohlfühlzonen nicht überwunden ist und an tausenden Fronten an ihrer Wiederkehr arbeitet, dass feministisches Engagement kein Ausdruck von Übersensibilität ist und allein die unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern für gleiche Arbeit durch kein rationales Argument zu rechtfertigende Gewalt ist, nackte, dumme und barbarische Gewalt. Wer nicht gegen sie ist, ist für sie. Darum: Fight patriarchy! On the 8th of march, the 9th, the 10th .... and the rest of the year, and all the years coming, until it surrenders!"

Richard Schuberth, Schriftsteller

Foto: Jelena Popržan

"In einer Zeit der Verrohung von Männern durch Profitgier und Krieg sind die internationalen Proteste der Frauen ermutigend und stärkend. Wir dürfen die Welt auf keinen Fall diesen Männern überlassen! Nur wenn wir uns aktiv und persönlich in die Welt einmischen, nur im handelnden Weltbezug kann eine geschlechtergerechte Welt entstehen. Denn: 'Jede Frauengeneration, die gewonnene Rechte nicht verteidigt hat und neue nicht erobern wollte, hat schon ein Stück von ihnen verloren', sagt Marielouise Jurreit.In diesem Sinne: Hinaus auf die Straße! Politisch handelnd die Welt gestalten!"

Petra Unger, feministische Kunst- und Kulturvermittlerin, Wiener Frauenspaziergänge

Foto: Regine Hendrich

"Der Internationale Frauentag ist – historisch und aktuell – ein Kampftag. Die Bilder, die uns vom Women’s March in Washington oder aus Polen im Rahmen von #czarnyprotest erreicht haben, waren mächtig: Frauen treten für ihre Rechte ein, sie sind viele, laut, sichtbar und lassen sich nicht einschüchtern. Angesichts der Gesetzesinitiativen und frauenfeindlicher Politik, die diesen Protesten zu Grunde liegen, bleibt jedoch auch zu vermerken: Sie finden deswegen statt, weil es keine Alternative gibt. Weil ein Präsident an der Macht ist, der Inbegriff von Misogynie ist, weil Selbstbestimmungsrechte bedroht werden. Klar, Feminismus ist momentan auch Teil unserer Popkultur. Vergessen wir aber nicht: Feminismus ist einer der wichtigsten Schauplätze, wenn es um Aushandlungsprozesse rund um Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft geht."

Katharina Brandl und Therese Kaiser, Obfrauen von Sorrority, Verein zur Vernetzung und Karriereförderung von Frauen

Foto: Pamela Russmann

"Ich schließe mich der aktuellen Frauenprotestwelle an und rufe zum Streik der Alleinerziehenden auf: Am 8.März um 17 Uhr vor dem Parlament."

Maria Stern, Obfrau Forum Kindesunterhalt

Foto: Marianne Weiss