Der Mann zieht, das zeigt ein Blick in die Leserforen des STANDARD. Ein Foto von Wolfgang Sobotka, am besten unterlegt mit Reizwörtern wie "Islam" oder "Ausländer", beschert Artikeln im Internet unter Garantie viele Postings – garniert mit reichlich Emotionen.

An seiner markanten Physiognomie, wie der Innenminister unlängst mutmaßte, liegt das in erster Linie nicht. In die Rolle des Provokateurs drängt sich Sobotka schon selbst, das hat er dieser Tage einmal mehr bewiesen: Sekundiert von seinem sozialdemokratischen Buddy Hans Peter Doskozil hat er Pläne vorgelegt, die Kritiker – so wie sie präsentiert wurden – als gefährlich auffassen mussten.

Natürlich ist es kein wünschenswerter Zustand, wenn sich abgelehnte Asylwerber gegen die Ausreise wehren und dabei auch noch vom Staat durchgefüttert werden. Doch die simple Lösung ist wie so oft auch eine einfältige: Streicht die Regierung den Unwilligen wie vorgesehen die Grundversorgung mit Kost und Logis, setzt sie einen Anreiz, in den Untergrund und die Kriminalität abzutauchen.

Ob dies tatsächlich so kommt, lässt sich anhand der Ankündigungen kaum abschätzen. Wichtige Teile der Pläne sind ebenso unscharf wie die Erklärungen der handelnden Politiker. Verteidigungsminister Doskozil stellte die Streichung der Grundversorgung zuletzt als Ultima Ratio nach einer Kette von Angeboten dar – doch für die eingeplanten Rückkehrzentren stehen weder Konzept noch Finanzierung. Sobotka hingegen beantwortet Fragen nach den Folgen lieber mit harter Grundsätzlichkeit: Wer nicht kooperiere, der habe die Unterstützung verwirkt – basta!

Ist es Dilettantismus, der die Regierung auf einem derart heiklen Terrain so planlos agieren lässt? Die Wiederkehr des Musters lässt Kalkül vermuten: Es geht um die billig erworbene Schlagzeile, die markige Ansage ins Blaue hinein. Ob die Konzepte ausgegoren und umsetzbar sind, ist zweitrangig – Hauptsache, für die breite Masse bleibt die Botschaft übrig: Wir packen Ausländer hart an.

Nach und nach übernimmt die Koalition damit die Perspektive vom Migranten als personifizierter Bedrohung. Bei aller Notwendigkeit, die unbestreitbaren Probleme – von undurchführbaren Abschiebungen bis zu verfehlter Integration – zu thematisieren: SPÖ und ÖVP haben positive Diskussionsanstöße weitgehend eingestellt. Lange ist es her, dass Sebastian Kurz als neu angetretener Staatssekretär mit dem Motto "Integration durch Leistung" einen optimistischen Drall in die Ausländerdebatte gebracht hat.

Manche Koalitionäre haben im Wettstreit um die heftigste Ansage sämtliche Hemmungen über Bord geworfen. Dass es vielen Flüchtlingen per se an Arbeitswillen fehle, wie ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka im STANDARD behauptete, unterstellen derart unverblümt nicht einmal blaue Spitzenpolitiker. Ob es so gelingt, der FPÖ Anhänger abzujagen? Die historische Erfahrung lehrt etwas anderes: Blaue Wahlsiege haben rechtspopulistische Zauberlehrlinge in Rot-Schwarz schon oft als Scharlatane entlarvt. (Gerald John, 3.3.2017)