Heino Ferch als Psychologe und Verhörspezialist Richard Brock.

Foto: orf / Petro Domenigg

Wien – Einfach hatte er es schon bisher nicht, dieser Richard Brock. Aber in Begierde, dem sechsten Fall der Reihe Spuren des Bösen (Samstag, 20.15 Uhr, ORF 1, Montag im ZDF), taucht er noch tiefer in menschliche Abgründe als bisher. Düster, finster und minimalistisch haben Andreas Prochaska (Regie), Martin Ambrosch (Drehbuch) und Kameramann David Slama den Fall angelegt.

Es geht um vererbte Schizophrenie, Kinderwunsch und einen echt perfiden Plan, den Heino Ferch als Psychologe und Verhörspezialist Richard Brock aufdeckt und der ihm persönlich so richtig zusetzt. "Das Pure, das Schnörkellose wollten wir hier noch weiter auf die Spitze treiben. Wir befinden uns nicht mehr in einem Krimiformat. Wir sind mittlerweile in einem bürgerlichen Drama, einem bürgerlichen Kammerspiel angelangt", sagt Heino Ferch im Gespräch mit dem STANDARD.

"Wollten der Figur weitere Farben geben"

Mavie Hörbiger spielt die Prostituierte Eva Faller, die von einem ihrer Kunden – dem Unternehmer Johannes Rink (Benjamin Sadler) – bedroht wird. Der leidet an Schizophrenie, seine Schübe werden immer heftiger. Seine Frau Clara (Julia Koschitz) bittet Richard Brock um Hilfe. Ferch: "Meine Figur kommt in eine fatale Familiensituation. Ein Mensch hat eine schwere Krankheit von seinem Vater geerbt. Diese Krankheit wird forciert durch den Freund des Hauses, der hier wirklich kriminell handelt. Eine sehr explosive Mischung, die immer mehr Tempo gewinnt."

Brock wird heftig unter Druck gesetzt, legt sich mit der Polizei an, tötet aus Notwehr und landet im Gefängnis. "Die Idee war, ihn persönlich am Kragen zu packen und in Situationen zu bringen, die für ihn nicht intellektuell sind, sondern physisch und ausweglos. Wir wollten der Figur weitere Farben geben, um uns nicht in eine Form der Wiederholung oder Routine zu begeben", sagt Ferch.

Im Jahrestakt

Nur einmal im Jahr ist eine Folge der ORF/ZDF-Produktion Spuren des Bösen zu sehen. Dieser Ausstrahlungstakt sei ideal, so Ferch. "Auch weil es sich um sehr anspruchsvolle Bücher handelt, wie sie nicht oft geschrieben werden können. Für viele Zuseher ist es vielleicht schwierig, die Entwicklung des Richard Brock zu verfolgen, wenn man nur einen Teil sieht und die Folgen nicht linear im Kopf hat. Aber für das Niveau und die Qualität ist dieser Jahrestakt sicher förderlich."

Die nächste Folge ist schon abgedreht, Wut soll 2018 ausgestrahlt werden. "Da geht's dem Brock richtig an den Kragen", verspricht Ferch. Nicht nur das, "es geht dem ganzen Wiener Apparat an den Kragen. Es tauchen viele Figuren auf, die in den vergangenen Folgen mitgespielt haben, und Tobias Moretti spielt eine zentrale Rolle. Das ist völlig anders, sehr extrem und, wie ich finde, sehr gelungen."

Abschied vom Kaffee Urania

Noch etwas wird in Wut anders sein. Das Kaffee Urania im dritten Bezirk in Wien, seit Jahren so etwas wie Brocks Ruhepol und auch ein Stück Heimat, wurde vergangenes Jahr geschlossen. Ferch: "Ja, es ist traurig, das Kaffee Urania gibt es nicht mehr. Die Szenen dort mussten wir für Begierde ganz zu Beginn abdrehen. Jetzt muss sich Brock diesbezüglich neu orientieren." Es werde aber weiterhin "philosophische Zuckerln" mit dem Psychologen und dem Kellner (Gerhard Liebmann) geben, sagt Ferch: "Nämlich mit ein paar Sätzen ins Zentrum der Welt zu stoßen. Aber es wird nicht mehr im Kaffeehaus sein, sondern an einem anderen Ort." (Astrid Ebenführer, 4.3.2017)