Wien – Kohle, Mäuse, Zaster: Für viele ist nur Bares Wahres. Doch wie lange werden die Geldmünzen noch klimpern und die Scheine rascheln? Die Währung der Zukunft soll virtuell sein – ist das Bargeld schon bald Geschichte?

"Wir ticken in Geld", so Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, bei der Präsentation "Die Kulturtechnik des Bezahlens von morgen". Das rechnende Denken prägt den Menschen, seit es das Prinzip des Tauschens und Bewertens gibt. Geld sei nichts anderes als ein Tauschmedium, auf das man sich verständigt hat. Als Übersetzung dienten bislang Zahlen im Zehner-, also im Dezimalsystem. Digitalisierung findet jedoch in 16er-Schritten, im Hexadezimalsystem, statt. Ein Grund, so Gatterer, weshalb Geld und digitale Währungen nicht verschmelzen werden. In Schweden werde das zwar ansatzweise versucht, flächendeckend sieht Gatterer darin aber keine Zukunft.

Emotionalisierung des Geldes

Haptischer Geldbesitz wird durch das Hirn emotionalisiert, Menschen koppeln Hoffnungen und Wünsche daran. Das "Geldgehirn" sei überzeugt, durch die Anhäufung an Geld sein Glück in einem vergrößerten Optionenraum zu finden. Dieses Versprechen bleibe jedoch meistens leer: Mehr Geld fordere immer mehr Geld, so der Studienautor. Und der Umgang mit Geld entwickelt sich weiter.

So hat sich beispielsweise die Bedeutung der Schulden verändert. Diese sind heute nicht mehr ausschließlich negativ konnotiert. Schulden werden vermehrt sogar als sinnvolle und vertrauenswürdige Investition gesehen. Mittels Crowdfunding oder Peer-to-Peer-Lending verschulden sich Menschen nicht mehr traditionell bei Banken oder Staaten, sondern bei anderen Menschen – und zwar bei solchen, die sich nicht nur finanziell, sondern auch emotional involvieren. Schulden verbinden.

Heute sind zahlreiche Medien denkbar, um das Bezahlen abseits des anonymen Bargelds zu ermöglichen. Gerade die junge Generation sei gekennzeichnet durch ein pragmatisches Konsumverhalten. Teilen als uralte Kulturtechnik erlebt durch den Rückgang des Geldes eine Renaissance. In der Sharing Economy rückt das Wir in den Vordergrund, Tauschen und Teilen werden ohne weitere Verpflichtungen vollzogen.

Einen Vorgeschmack darauf, wie es sich in einer Welt ohne Scheine und Münzen leben ließe, können Kunden schon heute bekommen: Bezahlen mit Handy-App, mit virtuellen Währungen, Fingerabdrücken oder Augenzwinkern. Eine Geld-Cloud als digitales Wallet, das als Kombinationstool sämtliche monetären Angelegenheiten abdeckt, ist ebenfalls keine ferne Zukunftsmusik mehr. Wird die menschliche Arbeitskraft im Zeitalter der Automatisierung überflüssig? "Nein", meint Gatterer. Vielmehr finde eine Verschiebung statt. Jobs fallen weg, andere würden dafür geschaffen. Und: "Bargeld und Banken wird es auch in 15 Jahren noch geben." (ch, 2.3.2017)