Das Nokia 3310 kommt im zweiten Quartal um 49 Euro auf den Markt.

Foto: APA/AFP/JOSEP LAGO

Es war eine groteske Situation. Sony, Huawei und LG zeigten auf dem Mobile World Congress in Barcelona Smartphones mit riesigen, gestochen scharfen Displays, herausragenden Kameras und Gehäusen aus hochwertigen Materialien. Doch im Rampenlicht stand ein Gerät, das im Vergleich dazu wie eine Promenadenmischung neben dem hochgezüchteten Rassehund wirkt. Das simple Nokia 3310 kam im Jahr 2000 auf den Markt und soll in Neuauflage nun das Comeback der Marke auf den Weg bringen. Dass alle darüber komplett aus dem Häuschen zu sein scheinen, zeigt vor allem eines: man sehnt sich nach etwas neuem, etwas aufregendem – nach etwas, das Smartphones nicht mehr bieten können.

Schlichtheit und Retro-Lifestyle

Ob Nokia, hinter dem nun das Unternehmen HMD Global steht, mit dem neuen 3310 einen Verkaufshit landet, muss sich erst beweisen. Erste Reaktionen von Konsumenten zeigen, dass diese sich zum Fortgehen am Abend oder für den Urlaub ein Handy wünschen, mit dem sie für den Notfall einfach nur telefonieren und SMS schreiben können und das eine lange Akkulaufzeit bietet. Viele können sich das 49 Euro teure Nokia als Zweithandy neben ihren iPhones und Galaxys vorstellen.

Weg vom Fenster waren die einfachen Handys allerdings auch in den vergangenen Jahren nie. Die sogenannten Feature Phones mit einfachen Tastaturen, Displays, die nur das nötigsten anzuzeigen vermögen, und langer Akkulaufzeit gibt es von mehreren Herstellern. Was macht also das 3310 nun so speziell? Mit seinem an das erste Modell angelehnte Design, dem Namen Nokia und dem vorinstallierten Spieleklassiker "Snake" strahlt es den Charme der 2000er-Technologie aus. Es dürfte genau diese Mischung aus unkomplizierter Schlichtheit und Retro-Lifestyle sein, die ein so hohes Interesse an dem Gerät hervorruft. Ähnliches zeigt sich auch bei anderen Bereichen wie Sofortbildkameras oder Schallplatten.

Kaum mehr Innovationen

Gleichzeitig hält dieser Hype der Branche einen Spiegel vor. Nur mit mehr Megapixel, Megahertz und Zoll kann die Begeisterung aus früheren Jahren nicht wiederholt werden. Echte Innovationen sind kleineren Weiterentwicklungen gewichen. Und wenn das aktuelle Smartphone bereits alles kann, gibt es für Nutzer weniger Anreiz die nächste Generation zu kaufen, die eben nur ein bisschen besser ist, aber keine gravierenden Neuheiten bringt.

Ganz so innovationslos ist die Branche aber nicht und ab und zu wagen Hersteller noch Experimente. So hat LG vor einem Jahr in Barcelona ein Smartphone vorgestellt, das über einen Einschub auf der Unterseite um verschiedene Module erweitert werden konnte. Das G5 floppte trotzdem – das Konzept war für die breite Masse nicht gut genug durchdacht. Andere Hersteller wiederum bieten Smartphones, die nicht sexy genug sind, um reißenden Absatz zu finden. Das niederländische Unternehmen Fairphone etwa entwickelt Smartphones, deren Komponenten aus fairer Produktion stammen und die sich aufgrund der durch und durch modularen Bauweise von Nutzern selbst auseinandernehmen und sehr einfach reparieren lässt.

Das Konzept des Unternehmens bringt es mit sich, dass nicht alle paar Monate ein neues Modell vorgestellt wird. Für das im Dezember 2015 gestartete Fairphone 2 wird in den kommenden Monaten ein neues Kamera-Modul auf den Markt kommen, das Nutzer gegen das Modul in ihren bestehenden Geräten tauschen können. Über 125.000 verkaufte Geräte zeigen zwar, dass hier durchaus Interesse besteht. Die Massen bewegt es jedoch nicht. Der Preis ist – der fairen Bauweise geschuldet – höher als bei Geräten mit ähnlicher Ausstattung.

Was kommt

Und was ist für die kommenden Flaggschiffe zu erwarten? Bei Samsungs Galaxy S8 soll die Frontseite praktisch nur mehr aus dem Display bestehen, die bisherigen Tasten weichen. Apples iPhone 8 soll eine neuartige 3D-Kamera aufweisen und ebenfalls auf der Vorderseite keinen klassischen Homebutton, sondern eine Funktionsleiste bieten. Zweifellos werden die Hersteller davon wieder Millionen verkaufen. Doch für viele Nutzer werden es nur weitere Smartphone in einer Reihe von Geräten sein, die alle ähnlich aussehen und ähnlich viel können. Und so erklärt es sich auch, wieso die Herzen einem Gerät zufliegen, das an den Begleiter aus früheren Zeiten erinnert und aus der Masse wie ein bunter Hund heraussticht. (Birgit Riegler, 5.3.2017)