Steaks im brachial gemütlichen Rustikalambiente von Block House gibt es jetzt auch in Wien.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ein Folienerdapfel mit Sour-Cream-Zubereitung verschafft aber zusätzliche Sättigung

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Saucen, Suppen, Sour-Cream-Zubereitungen und andere Menükomponenten werden in der ostdeutschen Block-House-Zentralküche hergestellt, die Erdäpfel stammen aus der Lüneburger Heide, das Putenfleisch aus Niedersachsen, Rind wird aus Südamerika importiert. Mit diesen Zutaten ist die vom Hamburger Eugen Block gegründete gleichnamige Steakhausmarke seit bald 50 Jahren in Deutschland, aber auch in Spanien, der Schweiz und Portugal erfolgreich.

Vergangene Woche hat sie erstmals in Wien ein Restaurant eröffnet – angesichts der Location direkt bei der Touristenattraktion Naschmarkt ist die anvisierte Zielgruppe klar. In den ersten Tagen versuchten hier hauptsächlich bundesdeutsche Besucher, die Untiefen der Wiener Küche zu umschiffen.

Raststättenambiente im früheren Piccini

Dass es jener Platz ist, wo zuvor die 1856 gegründete Feinkostlegende Piccini ihren Sitz hatte, erscheint in diesem Kontext symptomatisch. Die alte Piccini-Fassade ist – bis auf den abmontierten Schriftzug – noch intakt. Umso ernüchternder wirkt der Blick durch die Fenster: Wo einst frisch gemachte Pasta und Antipasti, Käse, Wurst und Schinken in vielfältiger italienischer Variation feilgeboten wurden, hat sich nach acht Monaten Umbau das brachial gemütliche Raststättenambiente der norddeutschen Systemgastronomen breitgemacht.

Dicker Teppichboden, dunkle Holzverkleidung, eine mit grün glasiertem Klinker verkleidete Salattheke, mit Holzfällerkaro bespannte Sitzreihen und breitarschverträgliche Sessel sowie eine offene Küche, die den Blick auf einen massiven Lavasteingrill preisgibt: Das sind seit Jahrzehnten die Einrichtungselemente dieses Bollwerks deutsch-amerikanischer Freundschaft. In Wien wurden außerdem Fotos lokaler Touristenattraktionen aufgehängt, was der Kundschaft ("Mensch kuck mal, da waren wir heute!") auch positiv auffällt. Das Personal ist von unerschütterlicher Freundlichkeit, da könnten sich manche Exponenten lokaler Gastlichkeit etwas abschauen.

Beim Essen eher nicht so. Beef Tartare, laut Karte "klassisch frisch angemacht", ist um 7,60 Euro wohlfeil, es wird jedoch mit derart klebriger Süße versehen, dass der übermäßige Ketchupeinsatz allein nicht der Grund sein kann. Solch marmeladig interpretiertes Tartare wurde zuletzt nur noch in postkommunistischen Osthotels der frühen 1990er serviert. Die Gulaschsuppe ("ungarisch-scharf, mit frischem Paprika"), erweist sich als braungraues Convenience-Kompendium mit mehr als bissfester Fleischeinlage. Auch sie weckt Erinnerungen: an nebelige Mittagspausen beim Skikurs, an Schullandwochen und andere, gnädig verdrängte Traumata der Vorzeit. Dazu gibt es geröstetes Tiefkühlbaguette, das, nicht minder prähistorisch, mit Knoblauchöl eingelassen ist.

Doppelte Sättigung

Das wird auch auf die Steakteller gepackt – ein Folienerdapfel mit Sour-Cream-Zubereitung (siehe Bild) verschafft aber zusätzliche Sättigung. Der inkludierte Salat mit bräunlich oxidierten Champignonscheiben, frostblassen Paradeisern und einer verlorenen Paprikascheibe bekommt dickflüssiges American, French, Italian oder Joghurt-Dressing drübergekippt, auf dass sich zusätzlicher Retrocharme ausbreite.

Die Steaks machen dann aber einiges an Boden gut: Hereford-Ribeye und Filet Mignon vom Lungenbraten werden, wie gewünscht, akkurat medium rare gebraten, der extrem heiße Grill hat ihnen eine köstliche Kruste verpasst. Dennoch wirkt das Fleisch feucht, ja wässrig in der Konsistenz – die Vorzüge der Trockenreifung sind hier offenbar noch nicht angekommen. (Severin Corti, RONDO, 3.3.2017)