Von der Verwunderung der Hersteller über die Kunst, ein deppensicheres Gerät zum Absturz zu bringen – und der Replik eines echten Fotografen auf mein Bilder-nach-Pumpgun-Manier-Geständnis

Vermutlich hat Patrick Lengenfelder zuerst mit den Augen gerollt, mich dann verflucht und sich danach halblaut "ausatmen – einatmen – und frühestens in zwei Stunden antworten" vorgesagt. Schließlich ist Lengenfelder ein Profi – und zu den heiligen Regeln eines PR-Profis gehört es, noch dem dümmsten und dämlichsten Journalisten oder Blogger nie direkt zu sagen, dass sein Scheitern an welchem Gerät auch immer nicht am Gerät liegt – sondern an den geistigen und intellektuellen Kapazitäten des Users.

Und dass ich vorletzte Woche hier über den Absturz der Gopro Hero 5 Session während eines Halbmarathons schrieb, war natürlich das Gegenteil von dem, was sich Lengenfelder – der Pressechef von Gopro Deutschland (und Österreich) – erhofft hatte. Schließlich haben die Actioncams zwei USPs: ihre – relative – Unkaputtbarkeit in fast jedem Umfeld. Und ihre – absolute – Deppensicherheit. Solange nicht jemand wie ich das Ding in die Finger bekommt.

Foto: thomas rottenberg

Was genau ich da falsch gemacht hatte, ließ sich im Nachhinein aber nicht mehr rekonstruieren. Aber statt "Was für ein Vollpfosten muss man sein, um an einer Einknopf-Kamera zu scheitern?" zu sagen, blieb Lengenfelder professionell-höflich: "Uns ist so was bisher jedenfalls noch nicht gemeldet worden", schrieb er.

Und verpackte den Seitenhieb auf den DAU ("dümmsten anzunehmenden User") gekonnt in die Erwähnung der theoretischen Möglichkeit, dass eventuell ja das Testspielzeug einen Defekt haben könnte. Nach "möglicherweise liegt es tatsächlich am Modell" kam das, was zählt: "Die Kamera ist so simpel gehalten, da sollten eigentlich keine Anwenderfehler vorkommen." Oder doch? Quod erat demonstrandum …

Doch was den 330-Euro-Zauberwürfel da so irritiert hatte, wird unergründlich bleiben: Bei allen anderen Tests und "Einsätzen" – davor wie danach – zickte das Ding kein einziges Mal. Egal wie blöd ich mich auch stellte.

Foto: thomas rottenberg

Doch das ist eigentlich nur das Beiwerk dieses Beitrages. Denn in Wirklichkeit erzähle diesmal nicht ich eine Geschichte, sondern Martin Granadia, der Mann, der hier im Bild in Osttirol am Trail unterwegs ist.

Granadia ist nämlich – im Gegensatz zu mir – ein "echter" Fotograf. Also einer, der nicht nach der Pumpgun-, sondern der Scharfschützen-Methode fotografiert: Granadia arbeitet bewusst und sorgfältig – mit einem genauen Blick auf Motiv, Umgebung und Umsetzung. Und zwar schon vor Ort. Das ist in etwa das Gegenteil von meiner Art des Bildereinsammelns (Kamera einschalten – und dann, daheim, schauen, was sie eingefangen hat.)

Foto: Martin Granadia

Martin Granadia fährt Rad und läuft – und dokumentiert beides mit der Kamera: Seine Radbilder und Impressionen findet man auf "169k.net – Ein Radblog": Und mit seinen Lauffotos definiert er die Fotosprache der Social-Media- und Web-Auftritte des Wiener Laufshops "Run Inc" und bloggt ebendort auch.

Was Granadias Zugang zum Sportbild für mich besonders macht: Der Fotograf hat einen klaren Standpunkt und vertritt ihn auch vehement und ohne Scheu vor Konflikten. Dennoch lässt er sein Gegenüber (über)leben. Akzeptiert, dass es meist mehr als eine einzige allgemein und universell gütige Wahrheit gibt oder geben kann. Und bringt auch dem, was der "Gegner" sagt – oder vorlegt –, Respekt und Wertschätzung entgegen. Gerade bei Online- und Forendebatten ist das ein rares Gut.

Foto: Martin Granadia

Darum gilt heute ab hier: Granadia, übernehmen Sie.

Ich bin grundsätzlich FÜR jede Art von Fotos, da sie helfen, einen Eindruck vom Sport zu vermitteln und (hoffentlich) anderen Leute Lust machen, selbst zu laufen und/oder sie inspiriert. Im nächsten Schritt geht es aber schon um Qualität: Da habe ich an mich selbst einen hohen Anspruch, denn ich bin vom Radfahren und von anderen Radfahrern einfach ein hohes Foto-Niveau gewöhnt. Das will ich auch für mich umsetzen. Auch beim Laufen.

Foto: Martin Granadia

Meine Definition lautet daher: Qualität vor Quantität. Das heißt aber nicht, dass mit einer Gopro keine qualitativ hochwertigen Fotos möglich sind. Nur schaffe ich das nicht – wodurch für mich die von mir gewünschte Qualität nicht gesichert ist: Gopros sehe ich dort als sinnvoll eingesetzt, wo man wirklich keine Hand frei hat (also zum Beispiel bei klassischen Red-Bull-Action Videos.) Oder aber dort, wo wirklich keine andere Kamera hinkommt. Etwa im Radkasten eines Autos.

Foto: Martin Granadia

Mit der Gopro stehe ich deshalb auf Kriegsfuß: Ich habe selbst eine Hero 4 – aber ich verwende sie nur selten. Wieso? Mir ist die Bedienung, die Du ja toll findest (ein Knopf), zu wenig. Ich habe da zu wenig Kontrolle über das Ergebnis – und das läuft meinen Qualitätsansprüchen zuwider. Außerdem sind die Akkus ein Drama!

Und: Aus meiner Sicht geht zumindest der Ultra-Wide-Winkel gar nicht. Bei derartigen Fotos wird mir ob der Perspektive eher schlecht, als dass ich das Foto genießen könnte.

Foto: thomas rottenberg

Ich habe beim Sport meistens mein Handy dabei, ansonsten eine kleine Kompakte (Ricoh GR2 heißt das gute Stück). Für geplante Dinge bei Rennen und dergleichen (an denen ich nicht aktiv teilnehme) verwende ich die große Canon 5D Mark III.

Veranstaltungsfotos (wie diese hier vom WLV Crosslaufcup) mache ich mit der großen DSLR. Bei solchen Bildern ist klar, dass die kein Läufer "im Vorbeigehen" macht oder machen soll, vielmehr dienen sie dazu, den Laufsport von seiner schönen Seite zu zeigen – aber eben "besser" als das durchschnittliche Veranstaltungsfoto: Es steckt ja auch optisch viel Schönes in Anstrengung und Leiden. ;)

Ob ein Foto gestellt ist oder nicht, da muss man drüber stehen: Für mich geht die Mission vor. Und die lautet, den Leuten mit guten Fotos Lust aufs Laufen – und Radfahren – zu machen. (Thomas Rottenberg, 1.3.2017)

Mehr von Martin Granadia zum Radfahren gibt es auf 169k.net – Ein Radblog. Seine Laufbilder findet man unter anderem auf dem Instagram-Account von Runinc.

Mehr Bilder und Geschichten vom Training mit der Gopro gibt es auf www.derrottenberg.com

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Foto: Martin Granadia