Bis zuletzt wurde verhandelt. Doch die Fremdenrechtsnovelle, die heute, Dienstag, dem Ministerrat vorliegt, sieht eine Reihe unverhältnismäßiger, menschen- und verfassungsrechtlich fragwürdiger Neuerungen vor.

Um nur zwei davon zu nennen: Die geplanten Geldstrafen von bis zu 5000 Euro für Ausländer bei "Erschleichung" von Asyl oder eines anderen Aufenthaltstitels und bis zu 15.000 Euro Strafe bei Verbleib oder Wiedereinreise trotz behördlicher Rückkehrentscheidung und Aufenthaltsverbots drohen Menschen zu treffen, die großteils mittellos sind. Also werden viele von ihnen wohl in Ersatzhaft wandern.

Auch der dem Vernehmen nach mit der vorliegenden Novelle geplante völlige Grundversorgungsentzug – sprich: das Auf-die-Straße-Setzen – negativ beschiedener Asylwerber und anderer Fremder, die keine Ausreisebemühungen an den Tag legen, hätte für die Betroffenen große Härten zur Folge. Laut der Stellungnahme von Amnesty International im Begutachtungsverfahren würden dadurch "humanitäre Notlagen geschaffen". Die Allgemeinheit würde mit mehr sichtbaren obdachlosen und bettelnden Nichtösterreichern konfrontiert.

Damit spricht Amnesty einen wichtigen Punkt an – einen, der nicht nur besagte Einzelmaßnahme betrifft, sondern gleich mehrere Verschärfungen, die im Rahmen dieser und anderer Fremdenrechtspläne zur Diskussion stehen. Die Frage ist, inwieweit manche dieser strengen Regeln Fremde in Lagen bringen, in denen sie als Problemgruppe erst kenntlich erscheinen. Inwieweit also solche Regelungen diese Ausländer stigmatisieren – weil sie sie zu Obdachlosen und Bettlern machen. Oder auch zu Menschen, von denen ein größeres Risiko auszugehen scheint, weil man sie einsperrt: Sollte die Bundesregierung in den kommenden Monaten etwa dem in ihrem Arbeitsprogramm vom Jänner entworfenen Plan nähertreten, sogenannte Rückkehrzentren mit Haftcharakter einzurichten – sie würde den Bürgern damit genau dieses Signal aussenden.

Bisher hat man sich, was derlei Ausgrenzungsmaßnahmen angeht, in Österreich in der Praxis eher zurückgehalten. Die oft martialischen Ankündigungen aus Politikermund wurden im Gesetzwerdungsprozess nach der Kritik vonseiten der Experten und der Zivilgesellschaft vielfach einigermaßen zurechtgestutzt.

Doch angesichts der Vielzahl einschlägiger Pläne in den vergangenen Jahren nahm die Wirkkraft dieses Korrektivs zuletzt ab. Die Verschärfung der Familienzusammenführungsregeln im Zuge der Novelle im Jahr 2016 etwa wurde gegen alle Warnungen von Experten durchgeboxt. Ihre Folge: vereinsamte und verzweifelte ausländische Mitbürger mit psychischen und sozialen Problemen – prädestiniert zum gesellschaftlichen Außenseitertum.

Wohin eine Politik führen kann, die die fremdenrechtliche Härteschraube immer weiter anzieht, kann im Nachbarland Ungarn besichtigt werden. Dort ist inzwischen eine große Mehrheit der Bevölkerung davon überzeugt, dass von Ausländern – vor allem Flüchtlingen – immense Gefahren ausgehen. Ist der Stigmatisierungsprozess einmal so weit gediehen, erscheint eine Rückkehr zu einer faktenorientierten und humanistischen Asyl- und Migrationspolitik unmöglich. Dann ist der Kampf um die Köpfe für menschenrechtsbewusste Demokraten bis auf weiteres verloren. (Irene Brickner, 27.2.2017)