Recep Tayyip Erdoğan bei Sebastian Kurz nach seinem Wiener Wahlkampfauftritt im Juni 2014.

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Wien – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sei in Österreich zu offiziellen Besuchen und Gesprächen mit der Staatsspitze willkommen, sagt Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) – nicht aber, um vor dem türkischen Verfassungsreferendum Werbung für sein Präsidialsystem zu machen. Das erklärte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag.

"Wahlkampfauftritte sind unerwünscht", erklärte Kurz am Sonntag in einer Aussendung. Er lehne es ab, "den türkischen Wahlkampf und eine Polarisierung nach Österreich zu tragen". Das würde "zu verstärkten Spannungen bei uns führen, und das ist hinderlich für die Integration".

Kern: Es gilt das Demonstrationsrecht

Kanzler Christian Kern (SPÖ) erklärte am Montag zu dem Thema, dass Erdoğan persönlich für die Verfassungsreform werben wolle, es gelte das österreichische Demonstrationsrecht. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich anlässlich seines Antrittsbesuchs beim Kanzler aufhielt, wollte zu der Frage nicht Stellung nehmen.

Am 16. April stimmen die Türken über die Einführung eines Präsidialsystems ab, das Erdoğan deutlich mehr Macht verleihen würde. Das Amt des Ministerpräsidenten würde damit abgeschafft, Kritiker befürchten ein Ende von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei, nachdem diese Prinzipien bereits seit dem Putschversuch vom Vorjahr eingeschränkt sind.

Auch Wahlkampfauftritte des Ministerpräsidenten

An der türkischen Volksabstimmung können sich auch im Ausland lebende Türken beteiligen. Laut Ministerpräsident Binali Yıldırım will Erdoğan dort persönlich für die Verfassungsänderung werben – in welchen Ländern das sein wird, ist noch nicht klar. Yıldırım selbst ist bereits in Oberhausen in Nordrhein-Wetsfalen vor tausenden Türken aufgetreten und plant weitere Auftritte in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Dänemark.

Die Beziehungen Österreichs zur Türkei sind angespannt. Österreichs Forderung, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren, und das Veto gegen eine gemeinsame Erklärung des EU-Ministerrats zur Türkei-Politik hatten Mitte Dezember eine erboste Reaktion der Türkei zur Folge. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte jüngst beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corps, Österreich sei sehr beunruhigt "über die dramatischen Entwicklungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte und Grundfreiheiten" in der Türkei.

Wenige Wochen vor der türkischen Präsidentenwahl im Jahr 2014 war Erdoğan in Wien vor mehr als 13.000 Anhängern aufgetreten. Kurz kritisierte das damals als Wahlkampfrede, die "für Unruhe in unserem Land gesorgt hat". Kurz traf Erdoğan auch zu einem Gespräch und teilte ihm seine Kritik mit. (APA, red, 27.2.2017)