Schütze Lonsana Doumbouya und Christopher Drazan nach dem per Elfmeter erzielten Ausgleich des SKN.

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St. Pölten – Geeichte Pessimisten vom Schlage des STANDARD-Orakels Reinhard Weidinger hatten den SKN St. Pölten vor seiner frühjährlichen Heimpremiere in der Fußball-Bundesliga gegen Sturm Graz schon als Schlusslicht leuchten sehen – waren doch die ersten Aufgaben in Salzburg und Altach nicht gerade als Selbstläufer zu bezeichnen. Doch es kam anders: nach dem 2:1-Sieg in Vorarlberg vermochte sich der Aufsteiger gar auf Platz acht nach vor zu schieben. Es schien fast, als ob die Fallmann-Tabelle bereits in leichtem Rosa schimmern würde.

Und noch etwas war anders. Wäre der geneigte Anhänger etwa im späten Dezember in der NV-Arena einem Dornröschenschlaf anheim gefallen und an diesem nicht ganz unfreundlichen Sonntagnachmittag wieder erwacht – er würde verblüfft sein Team kaum wiederfinden. Viel hat sich verändert seit dem letzten Auftritt des SKN in heimischen Gefielden. Während Sportdirektor Frenk Schinkels noch kurz vor Weihnachten Ihrem Berichterstatter versichert hatte, man glaube an die Fähigkeiten des vorhandenen Kaders, tummelt sich mittlerweile eine arg veränderte Spielergruppe an der Traisen. Allein vier Neuzugänge standen gegen die Grazer in der Startformation. In der Ballesterei ist die Wahrheit offenbar in noch größerem Maß eine Tochter der Zeit als sonst wo.

Zur Sache. Den Grazern wäre beinahe ein Überrumpelungscoup gelungen, als Marc Andre Schmerböck in der der dritten Minute einen Fernschuss vom Stapel ließ, der SKN-Keeper Christoph Riegler beinahe durch die Handschuhe gepfitscht wäre, den er dann aber doch noch über die Latte drehen konnte. Danach entspann sich ein über weite Strecken ereignisarmes Geschehen, aus dem nicht unbedingt hervorging, dass hier das statistisch schwächste Heim- das stärkste Auswärtsteam zu bearbeiten hatte.

Die Neu-St.Pöltner im Schnelldurchlauf: Babacar Diallo gab auf Seite einen zumeist umsichtigen Abwehrchef, Stoßstürmer Lonsana Doumbouya, einem Lackl von imposanten Außmaßen, können gewisse technische Fertigkeiten nicht abgesprochen werden. Cheikhou Dieng, der Rückkehrer, bewies Mut zum Dribbling, Adi Mehremić wirkte als stabiles Glied der Viererkette.

Nach einer halben Stunde wurden die Grazer stärker, kamen zu Chancen. Deni Alar hätte sich beinahe durch drei Gegner gerangelt, ehe Riegler zuschnappte (25.), Stefan Hierländer setzte kurz darauf einen Schuss von der Strafraumgrenze nur etwas zu hoch an. St. Pölten hatte einen verhungerten Versuch von Dieng entgegen zu setzen (28.). Nach einer Flanke von Manuel Hartl war Doumbouya scheinbar ebenso verblüfft, am hinteren Pfosten derart alleingelassen zu stehen, wie Keeper Christian Gratzei, der den unentschlossen ausfallenden Kopfball des Guinesen schließlich arretierte (40.). Kurz vor der Pause dann die Grazer Führung: Innenverteidiger Christian Schoissengeyr war nach einem Corner per Kopf zur Stelle (43.), St. Pölten bei einem Standard einmal mehr zweiter Sieger.

Ein Elfmeter als Wendepunkt

Die zweite Halbzeit entfaltete sich unwillig. Der SKN hatte zwar mehr vom Ball, jedoch wenig Idee was damit zu tun wäre. Bis auf vereinzelte Antritte Diengs war nicht viel. Sturm wiederum wurde seinem Namen in keiner Weise gerecht, ließ aber immerhin hinten nichts zu. Als eine Stunde verstrichen war, zupfte Hierländer im Strafraum leicht am Trikot Diengs – Referee Manuel Schüttengruber genügte das für einen Elferpfiff. In Abwesenheit von Daniel Segovia und Alhassane Keita, die bei solchen Gelegenheiten schon einmal team-interne Schlägereien angezettelt hatten, fiel dieser Penalty vergleichsweise unspektakulär aus: Doumbouya baute schlicht zum Ausgleich ein (62.).

Nun begann die Psychologie ihr Spiel. St. Pölten drehte auf, Graz erstarrte. Angriff um Angriff rollte, die Flügel begannen zu funktionieren. Nach einem weiten Ball stand Hartl alleine vor Gratzei, verfehlte beim Unternehmen den Goalie zu überheben jedoch das Tor (70.). Zwei Minuten später spitzelte Charalampos Lykogiannis einen Stanglpass des eingewechselten Christopher Drazan gerade noch dem einschussbereiten David Stec vom Fuß. Überhaupt brachte der links dampfmachende Wiener ordentlich Schwung.

Doch weiter. Hartl leitete herrlich auf Doumbouya weiter, dessen Volley aus kürzester Distanz parierte Gratzei sensationell (74.). Ganz klar: St. Pölten müsste nun führen. Bis es auch faktisch soweit war, dauerte es aber noch bis zur 93. Minute. Da ging einmal mehr Dieng ab. Der Senegalese brachte den Ball zur Mitte, wo Hartl wenig Mühe hatte, zum Siegestreffer einzuschießen. Der SKN hat nun seine letzten drei Partien gegen Sturm gewonnen, verschafft sich im Abstiegskampf etwas Luft. Das Rosa wird kräftiger. (Michael Robausch, 26.2.2017)

Bundesliga, 23. Runde, Sonntag

SKN St. Pölten – SK Sturm Graz 2:1 (0:1)
NV-Arena, 3.700 Zuschauer, SR Schüttengruber

Torfolge:
0:1 (43.) Schoissengeyr
1:1 (63.) Doumbouya (Elfer)
2:1 (93.) Hartl

St. Pölten: Riegler – Stec, Huber, Diallo, Mehremic – Perchtold, Martic – Schütz (55. Drazan), Hartl, Dieng – Doumbouya

Sturm: Gratzei – Koch, Schoissengeyr (83. Ovenstad), Spendlhofer, Lykogiannis – Hierländer, Jeggo, Piesinger, Schmerböck – Atik (73. Chabbi), Alar (91. Gruber)

Gelbe Karten: Huber, Stec, Diallo bzw. Piesinger