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Bei Unternehmern geht die Angst um, dass sie nach E-Behördenpost in digitale Tiefen tauchen müssen.

Foto: ap/Axel Heimken

Wien – Nach der Registrierkassenpflicht erwartet Betriebe bald die nächste Herausforderung. Denn das im November vom Ministerrat beschlossene Deregulierungsgesetz sieht die Umstellung der Behördenkommunikation von analog auf vollständig elektronisch vor. Das Ziel: Ab 2020 müssen Unternehmen Bescheide und amtliche Benachrichtigungen ausschließlich elektronisch ("E-Zustellung") entgegennehmen.

Damit dieser "Elektronische Verkehr", wie es im Amtsdeutsch heißt, keine Einbahnstraße wird, räumt das im Bundeskanzleramt ersonnene Gesetz im Gegenzug "jedermann" das Recht ein, mit Gerichten, Verwaltungsbehörden und Bundesämtern digital in Kontakt zu treten, etwa Anträge zu stellen, Einspruch zu erheben oder Akteneinsicht zu nehmen.

Was modern, unbürokratisch und kostensparend klingt, wirft allerdings Fragen auf, mehr als die via Ministerialentwurf zur Begutachtung versandten Änderungen in Zustell- und E-Government-Gesetz beantworten. Die Folge: Widerstand von Ländern und Gemeinden ebenso wie seitens Wirtschafts-, Arbeiter- und Notariatskammer, Justiz- und Finanzministerium. Städte- und Gemeindebund fühlen sich durch den Alleingang des Bundes vernachlässigt und übergangen. Dessen "Insellösung" sei mit den Kommunen nicht abgesprochen und gelte auch nicht für sie – obwohl Gemeindeämter häufiger behördliche Schriftstücke an Betriebe und Bürger versenden, als Finanzamt, Ministerien und Co, so der Tenor.

Virtuelle Poststelle

Damit Bäcker und Schuster nicht laufend sämtliche Postfächer von Finanz- bis Lebensmittelamt auf eingegangene Nachrichten abklappern müssen, muss man sich E-Verkehr und E-Zustellung organisatorisch wie eine große Poststelle vorstellen, die Informationen diverser behördlicher Kommunikationssysteme – von Finanz online bis Bundesverwaltungsgericht – aufnimmt. Als Poststelle fungiert das amtliche "Anzeigemodul" des Bundeskanzleramts. Stellt beispielsweise das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid in seine Finanz-online-Databox, geht diese Info an das neue Anzeigemodul, das seinerseits den mit Handysignatur/Bürgerkarte und Passwort registrierten Empfänger über den Posteingang benachrichtigt.

Um sicherzustellen, dass die E-Dokumente tatsächlich nur an berechtigte Empfänger gehen, müssen sich die Nutzer bei zertifizierten Zustelldiensten registrieren und authentifizieren. Derer gibt es mehrere, darunter MeinBrief.at (Österreichische Post AG), BRZ (Bundesrechenzentrum), Postserver, HPC Dual sowie E-Versand (Sendhybrid). An Sendhybrid hat sich die gelbe Post beteiligt, sie betreiben ein gemeinsames Produkt, den E-Brief. Alle Zustelldienste garantieren die Dokumentenzustellung und liefern dem Versender wie beim Papierbrief Sende- und Empfangsbestätigung.

Dass es bis zur Umsetzung noch ein weiter Weg ist, zeigt der Umstand, dass es der Gesetzentwurf noch nicht einmal in den Verfassungsausschuss geschafft hat. Am 20. März könnte es so weit sein, sofern Probleme wie Folgen von Fristversäumnis im Fall, dass die Zustellung technisch nicht funktionierte, gelöst werden. Die Beweislast läge laut Gesetzentwurf beim Unternehmen, das auch für allfällige Strafgelder aufkommen müsste, kritisiert die Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme. Sie verlangt, dass physische Zustellung durch die Post und "gelbe Zettel" zur Benachrichtigung nach erfolglosen Zustellversuchen jedenfalls erhalten bleiben. Es sei nicht einzusehen, dass Schuster, Bäcker, Würstelbudenbetreiber oder Maronibrater eigens für Behördenpost Kommunikationsinfrastruktur anschaffen müssten. (Luise Ungerboeck, 26.2.2017)