Außenminister Sebastian Kurz in Mazedonien.

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Es ist tröstlich zu wissen, dass es in Österreich zwischen einem Funktionär der Wiener Freiheitlichen und einem Außenminister einen Rangunterschied gibt. Wenn Dominik Nepp an die Ostküste zu Goldman Sachs reist, um über die internationale Finanzlage zu plaudern, kann er auf einen Redakteur der "Presse" als Reisebegleiter und Behudler zurückgreifen. Anders Sebastian Kurz, der kann aus dem Vollen schöpfen, auf "Krone"-Mitarbeiterin Edda Graf zurückgreifen und eines nervenzerfetzenden Reports von seinen Abenteuern gewiss sein: Ein Jahr nach Schließung der Balkan-Route durch Österreich kehrte er nun an die mazedonische Grenze zurück, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Die "Krone" war dabei. Sonst hätte die Reise ja keinen Sinn.

Zunächst machte sich die Begleiterin ein Bild von Kurzens Arbeitsleid und von der Lage im Flugzeug. Die Mission startet in der 17. Reihe auf Sitzplatz 17F. Sebastian Kurz fliegt bekanntlich Economy, und das ist nicht alles an Selbstkasteiung. Zuvor hat er sich mit seinen stattlichen 1,86 Meter Größe wie hundert andere auch in den Flughafenbus gequetscht und sein Rollköfferchen selbst im Gepäckfach verstaut. Selbst! Der Mann ist eben ein Allroundgenie. Keine Sonderbehandlung samt eigener Limousine, die ihn direkt aufs Rollfeld bringt.

Hart geht es in Mazedonien weiter. Fast zwei Stunden braust der 10 Autos umfassende Polizei-Konvoi von Skopje über rumplige Straßen Richtung Grenze. Die Landschaft ist so trist wie die Lage des Landes. Ein Mix aus Rauch und Nebelschwaden hängt über allem, die Feinstaubbelastung ist an vielen Tagen höher als im Smog-geplagten Peking – er und sein Rollköfferchen mittendrin. Es sind die unglamourösen Seiten des Alltags eines Außenministers, weit weg von UN-Generalversammlung in New York oder Außenminister in Brüssel. Niemand kann stets glamourös sein.

Unzählige Kameras

An der Grenze warten unzählige Kamerateams, weniger wären ein Affront gewesen. Der 30-jährige Ösi springt indes aus dem Auto. In Jeans, weißem Hemd, dunklem Sakko. Gummistiefel, wie in der Ausstattungsliste empfohlen, trägt er nicht. Dennoch wird er plötzlich von einem kleinen Streuner begrüßt. Schließlich muss auch die Tierecke der "Krone" von der Reise profitieren. Doch die Hauptsache: Ein Jahr nach der Grenzschließung ist das für die chaotischen Bilder berüchtigte Gevgelija verwaist. Kein einziger Flüchtling weit und breit. Auch das Massenlager Idomeni auf der anderen Seite: menschenleer.

"Profil", das den 30-jährigen Ösi nicht nach Mazedonien begleiten durfte, bekam danach ein Interview und stellte zur Lage in Idomeni die Frage: Wie gut schläft man, wenn man federführend so eine Situation mitverursacht hat? Die Antwort zeugte von Feinfühlig- gepaart mit routinierter Gleichgültigkeit. Die Bilder waren auch für mich furchtbar anzusehen, und das war’s auch schon. Da konnte man sich auf die Fragen der "Krone" schon lockerer geben. Sie waren bereits am Höhepunkt der Krise 2015 hier. Was haben Sie jetzt bei der Rückkehr an die Grenze gefühlt? Kurz: "Es ist ein gutes Gefühl, dass wir durch gezielte Maßnahmen wieder ein Stück weit mehr Normalität erzeugen konnten."

So viel Mut bei der Erzeugung von Normalität wird in der "Krone" bewundert, aber auch hinterfragt. Also: Woher kam der Mut zu diesem Alleingang? Na, woher schon? "Ich habe schon durch den Gegenwind bei meinem Amtsantritt wegen meines zu jungen Alters gelernt, mich nicht danach zu richten, was andere über mich sagen, sondern danach, was ich für richtig halte. Daher nimmt man auf Dienstreisen am besten die "Kronen Zeitung" mit.

Wenn das Blatt etwas beitragen kann, damit das Vaterland ruhig schlafen kann, dann geschieht’s. Donnerstag kam der freiheitliche Schläfer in Sachen Hofburg zu Wort. Nationalratspräsident Norbert Hofer lässt sich beim Kanadapakt nicht unterkriegen, hieß es da, und: Als Staatsoberhaupt hätte er sein Versprechen gehalten und CETA nie unterschrieben, versicherte er den "Krone"-Lesern. Schließlich findet in spätestens sechs Jahren wieder eine BP-Wahl statt. "Ich habe mehrere Asse im Ärmel", versichert der bekanntlich im Präsidentschaftswahlkampf knapp unterlegene FPÖ-Mandatar. So knapp war es zwar nicht, und seine Asse sind eher Pik-Buben. Er will von Abgeordneten Offenheit gegenüber den Wählern einfordern und direkt an das Öko-Gewissen der Politiker in allen Parteien appellieren. Warum nicht? (Günter Traxler, 26.2.2017)