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Gläubiger fürchten im Streit um Erleichterungen bei Schuldenregulierungsverfahren um ihr Geld.

Foto: dpa / Alexander Heinl

Wien – Wenn Schuldenregulierungsverfahren auf drei Jahre verkürzt werden und die Mindestquote für Kapitaltilgung fällt, werden Kredite sicher um einen Viertelprozentpunkt teurer, warnt Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870. Den Banken bliebe dann weniger Zeit, Pfändbares einzukassieren, sagte der Gläubigerschützer am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Kreditgeber könnten dann nur mehr ein Fünftel der bisherigen Erlöse aus pfändbarer Masse eintreiben. Derzeit holen sich die Banken alljährlich 150 bis 180 Millionen Euro zurück. Ohne Mindestquote würde es Zahlungspläne, Quoten und Rückflüsse wohl nicht in diesem Ausmaß geben. Zahlen müsste die Allgemeinheit, was die soziale Kohäsion gefährde. "Der Schlüssel zum Erfolg ist die Mindestquote."

KSV sieht Mogelpackung

Der KSV-Insolvenzexperte hält die im "Koalitionspakt neu" unter dem Titel "Modernes Insolvenzrecht – Kultur des Scheiterns" geplante Verkürzung der Frist im Abschöpfungsverfahren von sieben auf drei Jahre samt Entfall der Mindestquote für eine Mogelpackung. "Es wird sicher nicht mehr Schuldner veranlassen, vor Gericht zu kommen." Er hegt Verdacht, dass es der Regierung gar nicht um eine zweite Chance für gescheiterte Unternehmer geht, sondern lediglich um den Privatkonkurs: "Da kommt jetzt was unter falscher Flagge daher."

Wohl gebe es gute volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Argumente für eine Ungleichbehandlung von zahlungsunfähigen Personen. So funktionierten im zweiten Anlauf viele Unternehmensgründungen deutlich besser, sie hätten mehr Arbeitsplätze und erwirtschafteten höhere Umsätze.

Drei Viertel machen Zahlungsplan

Zur Größenordnung: Von jährlich rund 8.000 beim Bezirksgericht angemeldeten Schuldenregulierungsverfahren (vulgo Privatkonkurs) betreffen 2.400 ehemalige Unternehmer. Drei Viertel der 8.000 machen einen Zahlungsplan, sagt Kantner unter Berufung auf KSV-Daten, bei acht bis zehn Prozent der Zahlungspläne läge die Quote unter dem vom Obersten Gerichtshof bereits unterlaufenen Schwellenwert von zehn Prozent. Insgesamt werden in Österreich pro Jahr 3.000 Insolvenzverfahren abgeführt, davon die Hälfte sind natürliche Personen, also Einzelunternehmer.

Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform ist nicht minder skeptisch, was die Privatkonkurs-Reformpläne der Regierung betrifft: 70 Prozent der Privatschuldner seien aufgrund ihrer sozialen Situation gar nicht pfändbar, nur in 20 bis 30 Prozent der Fälle sei eine Abschöpfung überhaupt möglich. Die durchschnittliche Quote bei Privatinsolvenzen: 24 Prozent.

"Waffengleichheit fehlt"

Als größte Gläubiger im Großraum Wien nennt Weinhofer auf Warenhauskredite beziehungsweise Ratenzahlungen spezialisierte Banken und Mobilfunkbetreiber. Sie blieben ohne Mindestquote noch öfter auf Ausständen sitzen. "Es fehlt die Waffengleichheit." Das Exekutionsregister des Justizministeriums ist nur Gerichten zugänglich und die Kleinkreditevidenzliste des KSV nur Banken, die auch in diese einpflegen.

Nicht viel halten die Gläubigerschützer von der EU-Richtlinie "Second Chance". Sie soll bis 2018 fertig sein und zielt auf die Harmonisierung des Insolvenzrechts im Binnenmarkt ab. Ein außergerichtliches Sanierungsverfahren nach britischem Vorbild, bei dem hartnäckige Gläubiger überstimmt werden können, bringe aus österreichischer Sicht aber nichts. Das heimische Sanierungsplanverfahren, gemäß dem pro Jahr an die tausend Fälle bearbeitet werden, sei kostengünstig, effizient und einfach. Das Erfolgsrezept: Je früher sich ein Betroffener in Insolvenzverwaltung begibt, desto weniger Kapital werde vernichtet, desto weniger Lieferanten würden geschädigt und desto besser die Chancen auf Fortführung und Erfolg. (ung, 22.2.2017)