Fritz Hausjell: Deutsche Privatsender beschränken.

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Wien – Die Schwäche österreichischer Privatsender habe weniger mit der Stärke des ORF zu tun, sondern viel mehr mit der Dominanz deutscher TV-Konzerne am heimischen Werbemarkt, sagt Fritz Hausjell. Der Kommunikationswissenschafter vom Wiener Publizistikinstitut möchte eine Debatte anstoßen, wie deutsche Sender in Österreich an die Kandare genommen werden können, denn: "Sie verkaufen das Programm für den deutschen Markt hier noch einmal mit dem Zusatz Austria und garnieren es mit einem gemeinsamen Nachrichtenteil, der sehr überschaubar ist."

Diese Werbegelder, die etwa die Konzerne ProSiebenSat1 oder RTL mit einem "Österreich-Mascherl" über Werbefenster lukrieren, fehlten "auf der einen Seite dem ORF und auf der anderen Seite auch den bis jetzt eigenständigen österreichischen Privatsendern wie ATV oder Servus TV", kritisiert Hausjell. Die Folge sei eine Schieflage des dualen Rundfunksystems, die korrigiert gehöre.

Verteilung der Werbegelder

Im Jahr 2016 entfielen in Österreich 36,6 Prozent der Bruttowerbeeinnahmen im Fernsehen auf die deutsche ProSiebenSat1Puls4-Gruppe, während der ORF 30 Prozent erwirtschaftete. Die RTL-Sender kamen auf 21,5 Prozent und ATV auf 6,2. Nachdem ATV vor einer Übernahme durch ProSiebenSat1Puls4 steht, bleibe mit Servus TV praktisch nur noch ein nationaler Privatsender übrig: "Und wir wissen, dass es der Launenhaftigkeit eines Multimilliardärs geschuldet ist, wie lange es den Sender geben wird". Gemeint ist Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz, der Servus TV vor einigen Monaten bereits einstellen wollte.

Hausjell schlägt im Gespräch mit dem STANDARD vor, Sender am Werbemarkt zu beschneiden, die "nur sehr wenig" zur Vielfalt beitragen. Ob Werbefenster komplett geschlossen werden sollten? Nicht zwingend, denn: "Man könnte auch sagen, dass nur jene Werbegelder erhalten, die in puncto Programm zur Wertschöpfung in Österreich beitragen." Niemand hindere RTL, Sat1 oder ProSieben in größerem Umfang Österreich-Programm zu produzieren.

Solche Regelungen könnten aber nicht auf nationaler Ebene gelöst werden, sondern müssten auf die Agenda der Europäischen Union.

Österreich sollte mobilisieren

Hausjell wünscht sich einen Vorstoß Österreichs: "Die Initiative muss von den Kleinstaaten kommen, die es betrifft." Neben Österreich würde etwa Belgien dazuzählen, aber auch die Schweiz, die über Verträge mit der EU genauso tangiert sei. Also jene Länder, die an einen Staat mit gleicher Sprache grenzen. Das verkleinere den Werbekuchen.

Mögliche Beschränkungen des Werbemarkts und Medienfinanzierung über eine Haushaltsabgabe sollten auch aufs Tapet der ORF-Enquete, die Ende März auf dem Programm steht. Genauso wie das Thema, was der ORF im Zusammenspiel mit den Privaten darf und was nicht. Hausjell stößt sich vor allem daran, was dem öffentlich-rechtliche Rundfunk verboten ist, denn: "Wir begeben uns in eine Dämpfung der Medieninnovationen, die wir uns im internationalen Wettbewerb nicht leisten können."

Abschaffen oder reduzieren würde er die Antragsvorprüfungen, mit denen die Medienbehörde klärt, was dem ORF erlaubt ist und was nicht. Ein oft monatelanges Prozedere: "Den Privaten wird nichts Vergleichbares abverlangt. Viele ORF-Entscheidungen fallen negativ aus." Hausjell erinnert an das Facebook-Verbot des ORF: "Das findet heute jeder nur mehr lächerlich." Aktuell werden die Pläne des Senders für Youtube geprüft. Eigentlich sollte man in das ORF-Gesetz das Gegenteil reinschreiben, findet Hausjell: "Dass der ORF verpflichtet ist, alle zeitgemäßen Plattformen zu bespielen." Sonst gehe das jüngere Publikum verloren. (Oliver Mark, 22.2.2017)