Die Plattform "MP3Toys" ist bald die Nummer 1 in Googles Datenbank für Löschanträge.

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Entdecken Rechteinhaber auf einer Website Inhalte, die ihr geistiges Eigentum verletzen, können sie einen sogenannten "Takedown Request" an Google übermitteln und einzelne Adressen aus dem Suchindex nehmen lassen. Davon wird auch reichlich Gebrauch gemacht, wie die Transparenz-Datenbank des Suchmaschinenbetreibers offenbart. Seit März 2011 hat Google über 2,1 Milliarden Anträge für über eine Million Seiten erhalten.

Doch in der Rangliste der größten Sündenböcke fällt Erstaunliches auf, berichtet Torrentfreak. Sortiert man die betroffenen Seiten nach Anzahl der eingereichten Löschanträge, finden sich auf den ersten Plätzen vorwiegend bekannte Filehoster. Das vermag nicht zu überraschen, interessant ist allerdings Platz 2. Hier rangiert ein weitgehend unbedeutendes Portal namens "mp3toys.xyz".

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Antragsflut für Mini-Piratenseite

Knapp 50,7 Millionen Löschanträge zu Unterseiten dieser Domain sind mittlerweile bei Google eingegangen. Damit rangiert das Portal nur noch knapp hinter der bekannten Plattform 4shared. Die Domain wurde erstmals im Jahr 2010 registriert, die letzte Änderung oder Erneuerung fand im Mai 2016 statt. Der erste Löschantrag datiert vom 30. Juni. Damit kommt die Seite auf beeindruckende 1,6 Millionen Takedown Requests pro Woche, weswegen sie bald das Ranking anführen dürfte.

MP3Toys ist ein simpel gestricktes Portal, das Besuchern Zugriff auf Streams und Downloads von MP3s gibt. Die Quelle der Musik ist unbekannt. Viele ähnlich geartete Seiten saugen solche Inhalte jedoch von Youtube und anderen Quellen im Netz ab.

In Sachen Besucheraufkommen rangiert das Portal allerdings in der Irrelevanz. Gemäß dem Analysedienst Alexa rangiert es knapp unterhalb der 25 Millionen beliebtesten Websites. Eine zweite, im Jänner eingeführte Domain, "mp3toys.tech", schafft es immerhin in die Top 300.000. Zum Vergleich: 4shared.com belegt aktuell Platz 413.

Gefangen in der Schleife

Das wirft die Frage auf, wie eine unbedeutende Piratenseite auf eine solche Anhäufung von Löschanträgen kommt. Die Antwort findet sich bei einem Blick auf die Liste jener Rechteinhaber, die das Portal im Visier haben. Diese macht ersichtlich, dass bis auf einige zehntausend Requests alle von der brasilianischen Zweigstelle des Rechteinhaberverbands APDIF kommen.

Wie es aussieht sind hier mehrere Automatismen am Werk, die für das massive Volumen an Sperraufforderungen verantwortlich sind. APDIF scheint auf Basis bestehender Unterseiten von MP3Toys sowie dem Titel von Alben URLs zu "raten", bzw. generieren zu lassen. Der Haken: Noch nicht bestehende Seiten werden bei erstmaligem Aufruf von MP3Toys automatisch generiert, haben inhaltlich mit dem betreffenden Werk allerdings nichts zu tun.

Die erst durch den Aufruf entstandene Seite wird bei APDIF wiederum als Copyright-Verstoß registriert und anschließend automatisch per Takedown-Request an Google weiter gereicht. Das ist einigermaßen paradox, denn faktisch werden dort Seiten aus dem Suchkatalog gelöscht, die in diesem gar nie vorhanden waren. (gpi, 20.02.2017)