Vier Monate nach Beginn ihrer Mossul-Offensive hat die irakische Armee nun den Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) im Westteil der Stadt aufgenommen. Im Jänner wurde Ostmossul, am östlichen Ufer des Tigris, als "befreit" gemeldet – aber die Lage dort bleibt nicht nur unsicher, sondern IS-Angriffe nahmen zuletzt sogar wieder zu. Die irakische Regierung hat ein strenges Auge auf die Berichterstattung und neigt zu verfrühten Siegesmeldungen: Man erinnere sich an die Ankündigung von Premier Haidar al-Abadi, ganz Mossul werde bis zum Jahresende – 2016, nicht 2017 – zurückerobert sein.

Es ist also noch ein harter, wahrscheinlich monatelanger Weg bis zum Sieg, und er ist nicht nur mit den IS-Sprengfallen gespickt, sondern auch mit politischen. An der Anti-IS-Front rund um Mossul stehen Kräfte mit völlig unterschiedlichen Interessen, und das hat bisher erstaunlich gut funktioniert. Aber die nächste Phase der Schlacht wird nicht nur in militärischer, sondern auch in politischer Beziehung schwieriger werden als die erste.

Erstens werden die schiitischen Milizen (verkürzt oft "Hashd" genannt), die im Gebiet westlich der Stadt kämpfen, näher an das eigentliche Schlachtfeld heranrücken. Das ist umso brisanter, als vor allem der Bevölkerung im sunnitischen Westmossul nachgesagt wird, dem IS 2014 die Tore geöffnet zu haben. Auch wenn diese Menschen heute froh sind, die Verbrecherbande wieder loszuwerden, behalten sie doch ihre Ablehnung dessen, was sie als schiitische Hegemonie im Irak seit Saddam Husseins Sturz sehen. Sie wollen nicht von Iran-freundlichen Schiitenmilizen befreit werden. Und diese Abneigung ist gegenseitig.

Eine weitere Unsicherheit hängt heute über den US-irakischen Beziehungen. Einstweilen gibt es immerhin eine personelle Kontinuität: Den eingearbeiteten US-Sondergesandten bei der Anti-IS-Koalition, Brett McGurk, hat der neue Oberbefehlshaber der US-Armee, Donald Trump, auf seinem Posten belassen. Aber Trumps Auslassungen über das irakische Erdöl – dass es ein Fehler der USA war, es nicht zu "nehmen" -, die er auch noch nach seinem Amtsantritt als Präsident wiederholte, ist ein Schlag ins Gesicht seines irakischen Verbündeten, Abadi. Der ist schon schwach genug, auch wenn er nicht durch die Bestätigung von antiamerikanischen Verschwörungstheorien direkt aus dem Weißen Haus desavouiert wird.

Abadi hat bisher Besonnenheit gezeigt und ist nicht dem Aufruf des irakischen Parlaments gefolgt, das im Gegenzug zu Trumps versuchtem Iraker-Bann einen Visa-Stopp für Amerikaner verlangte. Aber Abadi musste in einer viel wichtigeren Sache nachgeben: Irakischer Innenminister ist nun mit Qasim al-Araji ein Mann der Iraner geworden, der den USA feindlich gegenübersteht – aber dessen Ernennung auch das Vertrauen der Sunniten oder auch der Kurden der Polizei gegenüber nicht gerade erhöhen dürfte. Der IS wird auf der einen Seite bekämpft, und auf der anderen tut man alles, damit die irakische Misere ihn überlebt. (Gudrun Harrer, 19.2.2017)