Wien – Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist in der Causa Eurofighter skeptisch, ob der vom Verteidigungsministerium erhobene Betrugsvorwurf greift. "Für mich ist die Frage, was ist an neuen und beweisbaren Fakten da", sagte Mitterlehner am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal".

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte am Donnerstag eine Anzeige mit 97 Beilagen wegen des Verdachts auf arglistige und betrügerische Täuschung gegen den Lieferanten EADS, nun Airbus, eingebracht. Eine im Ministerium eingerichtete Taskforce Eurofighter hat in ihrem Bericht Schäden von bis zu 1,1 Milliarden Euro errechnet.

"Wenn es neue Dokumente gibt, würde mich das freuen, ich sehe sie aber derzeit nicht", sagt Mitterlehner dazu. Manche Bestandteile, die jetzt vorgebracht werden, seien schon Gegenstand von Erhebungen gewesen, und auch der Vorwurf, dass die Gegengeschäfte in den Kaufpreis eingepreist worden sind, habe zu keiner Anklage geführt, argumentiert Mitterlehner. Aus dessen Sicht tatsächlich neu ist, dass die Lieferfähigkeit nicht gegeben gewesen sei.

Zu einer etwaigen Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs sagt Mitterlehner, dass zuerst ein Gericht Fakten schaffen müsse. Dass mit einer Anzeige vorgegangen werde und nicht mit einer zivilrechtlichen Klage auf Vertragsrückabwicklung, lasse ja darauf schließen, dass man immer noch auf einen konkreten Beweis warte, um das Verfahren zur Anklage zu bringen. "Das ist das, was fehlt", so Mitterlehner.

Pilz sieht gute Chancen

Etwas anders sieht die Sache der grüne Abgeordnete Peter Pilz. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Deutschlands Grünen-Chef Cem Özdemir sah er "extrem gute" Erfolgsaussichten. Airbus und Eurofighter hätten nach der Anzeige des Verteidigungsministeriums hingegen "ganz schlechte Karten".

Airbus und Eurofighter hätten Österreich nach Strich und Faden belogen, sagte Pilz bei der Pressekonferenz in Berlin. Durch die Täuschung sei großer Schaden entstanden. "Österreich hat ein Flugzeug bekommen, das es nie bestellt hat." Das reiche für eine Verurteilung wegen Betrugs, meint Pilz.

Als Vorsitzender im parlamentarischen Untersuchungsausschuss sei ihm 2007 eine dubiose Buchungszeile aufgefallen, die niemand habe erklären können oder wollen. Durch seine mehrjährigen Recherchen sei ein Netzwerk von sechzig Briefkastenfirmen in vielen Ländern zutage gekommen. In diesem Geflecht seien mehr als 110 Millionen Euro hin- und hergeschleust worden. In einem zweiten Netzwerk namens City Chamber seien weitere neun Millionen verschoben worden.

Der Kreislauf bestehe aus dubiosen Gegen-, Luft- und Scheingeschäften sowie gekauften Unterschriften. Direkte Spuren führten zum inzwischen verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) und anderen Politikern. Insgesamt seien 183,4 Millionen Euro geflossen, was größtenteils Schmiergeld gewesen sei. "Der Eurofighter war fliegendes Schmiergeld", so Pilz.

Mehr Staatsanwälte möglich

Nichts von Ermittlungen gegen Politiker weiß allerdings Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium. Pilnacek erwartet den Abschluss der Ermittlungen in der Causa Eurofighter im nächsten Jahr. "Wir sehen einer Verfahrensbeendigung und einer Entscheidung, ob es zu Anklagen kommt, im Jahre 2018 entgegen", sagte Pilnacek am Freitag im Ö1-"Morgenjournal".

"Ich denke, dass die Staatsanwaltschaft Wien hier recht weit ist, den Geldfluss nachzuvollziehen, aber da sind jetzt noch letzte Ermittlungen, insbesondere Vernehmungen von Beschuldigten und Ergebnisse von Kontoöffnungen in anderen Ländern, ausständig, und dann wird man das abschließend beurteilen können", erklärte Pilnacek. Eine Umschichtung von Staatsanwälten für den Fall werde erwogen, sagte er der APA.

Keine Ergebnisse aus Wirtschaftsministerium

Unklar ist hingegen, wie gut Wirtschafts- und Verteidigungsministerium zusammenarbeiten. Wie aus dem Bericht der Eurofighter-Taskforce im Verteidigungsministerium hervorgeht, hat sich diese vergeblich um die Untersuchungsergebnisse der Taskforce Gegengeschäfte im Wirtschaftsministerium bemüht.

Der Pressesprecher von Verteidigungsminister Doskozil sagte, das sei keine Wertung und auch keine Kritik an dem von Vizekanzler Mitterlehner geführten Wirtschaftsministerium, sondern lediglich eine Feststellung. Aus dem Wirtschaftsressort hieß es, es habe in mehreren Sitzungen einen Informationsaustausch und eine gemeinsame Analyse gegeben.

Auch Mitterlehner selbst erklärte, dass die Zusammenarbeit keineswegs abgelehnt worden sei. Man müsse aber differenzieren, dass das Verteidigungsressort für das Grundgeschäft und das Wirtschaftsministerium für die Gegengeschäfte zuständig sei. "Das sind zwei paar Schuhe", so Mitterlehner.

Der ehemalige Verteidigungsminister und nunmehrige Landesrat im Burgenland, Norbert Darabos (SPÖ), begrüßte am Freitag die Strafanzeige gegen Airbus. Die von ihm 2012 eingerichtete Taskforce bringe nun ein Ergebnis zutage, bei dem er eine "gewisse Genugtuung" verspüre. (APA, 17.2.2017)