Sortieren, beladen, ausliefern: Immer mehr Pakete wollen immer schneller zum Kunden.

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Wien – Pakete ausliefern ist ein Knochenjob, und pro Stunde gibt es oft weniger als fünf Euro. So berichten Boten von Arbeitstagen ohne Pause, körperlicher Schwerarbeit und grantigen Kunden. Es ist vor allem der boomende Onlinehandel, der den Konkurrenzdruck unter Paketdiensten wie UPS, DHL, GLS, DPD, Hermes oder TNT zunehmend verschärft. Es muss schnell gehen bei der Zustellung. Bei Nichterfüllung drohten da schon einmal Strafen, so ein Paketzusteller, der anonym bleiben will, zum STANDARD. Demnach wurden er und einige Kollegen angehalten, beim ersten Versuch zuzustellen. Jedes Versäumnis, wenn ein Päckchen also im Paketshop oder bei einer Postfiliale abgegeben wurde, werde argwöhnisch registriert. Missstände gebe es in Österreich keine, heißt es hingegen unisono auf Anfrage seitens der Paketdienstleister. Zumindest keine, die in ihren Verantwortungsbereich fallen würden und damit kontrollierbar wären. Wenig verwunderlich, denn fast alle Konzerne schalten Subunternehmer zwischen, die offiziell als Arbeitgeber der Fahrer agieren. Stichproben von "oben" gebe es, eine echte Kontrolle aber nicht.

Rückblick: 2013 fielen in den letzten EU-Mitgliedsstaaten die Wettbewerbsschranken auf den Postmärkten. Seitdem dürfen alle Postsendungen auch von privaten Postdienstleistern befördert werden. Doch der Wettbewerb hat seinen Preis. Nach und nach entstand so eine Mehrklassengesellschaft unter den Paketdienstlern. Auf der einen Seite Arbeiter und Angestellte des Konzerns selbst, die beispielsweise in der Sortierung tätig sind, andererseits die an Serviceunternehmen ausgelagerten Fahrer. Bei der kollektivvertraglichen Zuordnung ist die Postbranche stark zersplittert. Für Arbeitnehmer, die bei Postdienstleistern selbstständig beschäftigt sind, kommen die unterschiedlichsten Kollektivverträge (KV) zum Einsatz, so die Arbeiterkammer (AK) in einer Erhebung: Da gebe es den Handels-KV, den KV für Speditions- und Lagereibetriebe, der Güterbeförderung, der KV für Expedit und der KV für Kleintransporteure.

Lautstarke Konkurrenz

Bei der Österreichischen Post sind Paketzusteller, die ab 2009 in den Betrieb einstiegen, mit einem eigens mit der Gewerkschaft ausgehandelten KV für Speditionsdienste beschäftigt. Das Grundgehalt beträgt 1500 Euro, hinzu kommen diverse Zulagen. 81 Millionen Pakete werden im Jahr zugestellt, macht im Schnitt 320.000 täglich. Abstreiten will man gar nicht, dass die Konkurrenz zu spüren ist. Vor allem seit DHL Mitte 2015 auf den Markt gedrängt ist. Gegensteuern will man mit dem Ausbau der Selbstbedienungszonen, der Empfangsstationen im Mietshausbereich, aber auch mit der Samstagszustellung von Paketen. Samstags zugestellt wird auch bei DHL, dafür montags nicht. Eigenen Angaben zufolge werden 50 Prozent des Paketaufkommens innerhalb Österreichs von der Deutsche-Post-Tochter generiert. Österreichweit hat DHL bereits mehr Paketshops als die Post. Ende 2016 waren es 2000. Größter Partner mit 400 Abholstationen ist die Supermarktkette Billa. Die Zusammenarbeit soll heuer noch ausgeweitet werden.

GLS, ebenfalls unter den "Big Three", kann österreichweit mit etwa 600 Paketshops aufwarten – 2017 sollen 50 weitere dazukommen. GLS Austria verfügt wie DHL über keine eigenen Fahrer. Subunternehmer werden bei der Erledigung von Transportaufträgen von GLS vertraglich zur Beschäftigung der Zustellfahrer "in rechtskonformen, sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnissen" verpflichtet. "Dies wird auch regelmäßig von den Behörden kontrolliert", so Axel Spörl, Region Manager GLS Austria & Portugal für DHL Paket.

Selbstständige mit Gewerbeschein

Derzeit sind österreichweit etwa 500 Fahrer im Einsatz. In die Gehälterstruktur der Transportunternehmen habe man keinen Einblick, diese seien aber verpflichtet, ihre Zustellfahrer gemäß dem Kollektivvertrag Güterbeförderung zu bezahlen. Der KV "Güterbeförderung ArbeiterInnen" weist im Vergleich mit den anderen KVs, die in der Branche angewendet werden, die schlechtesten Bedingungen auf. Die Mindestlöhne reichen hier von 1300 bis 1500 Euro, plus circa 380 Euro Taggeld bei einer maximalen Arbeitszeit von zehn Stunden pro Tag. Das Problem seien aber weniger die Kollektivverträge an sich, sondern dass Zusteller nach wie vor auf Basis von Selbstständigen mit Gewerbeschein verpflichtet werden, heißt es aus der Arbeiterkammer, die vor einigen Jahren beim Forschungsinstitut Forba eine umfassende Studie zu den Arbeitsverhältnissen in Auftrag gegeben hat.

Dass bei der Bezahlung die Anzahl der zugestellten Pakete eine Rolle spiele, ist bei GLS laut Spörl nicht der Fall: "Die Anzahl der transportierten Pakete ist aufgrund der Verschiedenheit der Zustellgebiete kein verlässlicher Vergleichswert." Auch DPD arbeitet in Österreich ausschließlich mit Servicepartnern zusammen. Das Unternehmen, seit 1988 in Österreich tätig, war der erste private Paketdienstzusteller neben der heimischen Post. Heute gibt es 1200 Paketannahme- und -abholstationen.

Kostenfaktor Fahrer

Die 1000 Fahrer sind nach dem KV für Kleintransporteure angestellt und hätten es im Vergleich zu Deutschland gut. Denn dort gelte statt eines Branchenkollektivvertrags lediglich die Mindestlohnregelung, so Rainer Schwarz, Geschäftsführer von DPD Österreich. Auf 1200 Fahrer wolle man heuer noch aufstocken, dann sei die Flächendeckung erreicht. An insgesamt 14 Depots (vier mehr als bei GLS) wird die Ware abgeholt und eingeladen, 130 bis 150 Pakete sind es im Schnitt pro Tag. Die Gewichtsgrenze pro Paket liegt bei 31,5 Kilo. Dann ist Schluss. Alles darüber transportieren Speditionen. DPD bedient zum überwiegenden Teil Businesskunden, nur 17 Prozent sind Private. Letztere können per E-Mail einen Wunschtermin der Zustellung oder eine alternative Adresse angeben. Denselben Service bieten auch DHL und Post an.

Trotz oder vielleicht wegen der steigenden Zahl an Paketshops, Zustellern und Kundenservices häufen sich die Beschwerden bei Verbraucherzentralen über nicht erfolgte, falsch zugestellte oder gleich in den Filialen hinterlegte Pakete. Doch steigendes Angebot erhöht auch den Druck. Die Österreicher ließen sich im Vorjahr um 35 Prozent mehr Pakete nach Hause zuschicken als noch 2015. Während viele Online-Riesen großzügig Gratislieferungen und -rücksendungen anbieten, wird nach unten hin gespart – bis eben zur untersten Ebene, dem Zusteller. (ch, 17.2.2017)