Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Austarieren von Freiheit und Sicherheit zur Leitlinie ihres Handelns in der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA erklärt. Beim Schutz vor Terrorismus und beim Schutz der Privatsphäre gehe es darum, immer "eine neue Balance zu finden", sagte Merkel am Donnerstag vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

"Abhören unter Freunden – das geht gar nicht"

Diese Grundhaltung leite sie seit Beginn der Affäre im Juni 2013 und gelte "unverändert". Merkel zitierte erneut ihren Satz "Abhören unter Freunden – das geht gar nicht", der "meine Überzeugung wiedergegeben" habe. Mit Blick auf den Bundesnachrichtendienst (BND), der mit der NSA bei der Abschöpfung von Kommunikationsdaten kooperierte und auch auf eigene Faust Ziele in befreundeten Staaten ausspähte, erklärte sie: "Das macht diesen Satz eher richtig als falsch."

Merkel erklärte, sie habe "keinerlei Anlass" gehabt anzunehmen, "dass der Satz bei uns seitens des BND nicht eingehalten wurde". Über die Rolle des BND in der Affäre sei sie erstmals im März 2015 von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) informiert worden. Beim Bundesnachrichtendienst seien "Defizite erkannt" worden, an der "Abstellung" dieser Defizite sei gearbeitet worden. Grundsätzlich sei ihre Aufgabe aber nicht das Abtauchen "in Tiefen und Untiefen" der technischen Details von Spähprogrammen, sondern sie müsse den "politischen Auftrag" im Blick haben.

Abwägung von Freiheit und Sicherheit

Das Abhören ihres Handys durch die NSA sei für sie von nachrangiger Bedeutung gewesen, sagte Merkel. "Für mich standen und stehen vielmehr die Interessen aller Bürger im Mittelpunkt, die es zu vertreten und zu schützen gilt, und das bei Abwägung von Freiheit und Sicherheit."

Zu den gescheiterten Bemühungen, mit den USA ein Abkommen auf gegenseitigen Spionageverzicht auszuhandeln, sagte Merkel, sie habe "nicht den geringsten Zweifel" gehabt, "dass von deutscher Seite entschieden daran gearbeitet wurde". Ein solches No-Spy-Abkommen sei von den US-Geheimdiensten im Sommer 2013 in Aussicht gestellt worden. Die deutsche Bundesregierung habe dann aber feststellen müssen, dass es auf politische Ebene nicht möglich gewesen sein, mit der Regierung in Washington etwas "Essenzielles" abzuschließen.

130 Sitzungen

Mit dem im März 2014 eingesetzten Untersuchungsausschuss hatte der deutsche Bundestag auf die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden zu den massiven Spähprogrammen der NSA reagiert. Dabei soll geklärt werden, inwieweit Bürger und Politiker in Deutschland von der NSA und verbündeten Geheimdiensten ausspioniert wurden. Außerdem geht es um die Zusammenarbeit zwischen NSA und dem Bundesnachrichtendienst.

In rund 130 Sitzungen befragte der Untersuchungsausschuss in den vergangenen knapp drei Jahren Sachverständige, BND-Mitarbeiter und Regierungsvertreter. Merkels Zeugenaussage hoben sich die Abgeordneten bis zum Schluss auf. Die Befragung könnte sich bis in den Abend hinziehen. (APA, 16.2. 2017)