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Auf großem Fuß: Der Welser Einrichtungskonzern XXXLutz erhöht international das Expansionstempo, webt dafür ein undurchsichtiges Netz aus hunderten Gesellschaften und kracht in Deutschland immer wieder mit Gewerkschaften zusammen.

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Wien – Versuche, in das Diskontgeschäft einzusteigen, gab es viele. Sie alle scheiterten, der Billigmarkt für Möbel blieb Mömax und Möbelix vorbehalten. Nun macht Kika/Leiner unter scharfer Beobachtung des Mitbewerbs doch Nägel mit Köpfen: Ende März startet in Langenzersdorf in Niederösterreich die erste eigenständige Diskontlinie der Gruppe, erfuhr der STANDARD. Sie wird unter dem Namen Lipo firmieren und ersetzt einen bisherigen Leiner-Standort.

Der zweite Markt ist in Ansfelden in Oberösterreich geplant. Lipo wird dort neben eine Kika-Filiale einziehen, bestätigt Konzernsprecherin Sonja Felber. Man warte die Entwicklung beider Häuser ab, ehe das Konzept weiter ausgerollt werde. Verantwortung dafür zeichnet Dirk Herzig, langjähriger Chef der Schweizer Lipo-Märkte, die wie Leiner/Kika zur internationalen Steinhoff-Gruppe gehören. Solitär werde es Lipo nur teilweise geben. Ziel sei es, den Diskonter mit Kika/Leiner zu kombinieren.

Lutz gibt sich gelassen

Rivale Lutz gibt sich ob der neuen Konkurrenz im hart umkämpften Markt betont gelassen. Lipo sei der gefühlt siebte Anlauf von Kika, sich im Billiggeschäft niederzulassen, meint Unternehmenssprecher Thomas Saliger. "Und dieses ist alles andere als einfach."

XXXLutz erhöht derweil das Expansionstempo international. Die Welser bereiten einen Einstieg in Rumänien vor: 2018 soll es so weit sein, eröffnet wird unter der Linie Mömax, berichtet Saliger. Im laufenden Jahr stehen 16 neue Häuser auf der Agenda, darunter vier Diskonter in Ungarn und ein Lutz in Tschechien. Ein Lutz-Haus erhält im Sommer auch Parndorf.

In Summe fließen 2017 gut 240 Millionen Euro in zusätzliche Flächen. In Deutschland stellt sich der Konzern mit drei neuen Standorten, in denen er 1200 Arbeitsplätze verspricht, auf breitere Beine. In Erfurt ist ein Logistikcenter für den Onlinehandel geplant.

Das "System Lutz"

Lange wurden die Österreicher in Deutschland belächelt. Mittlerweile wuchsen sie im Einrichtungsgeschäft zur Nummer zwei heran – wenn auch mit Abstand zu Ikea. Anders als in Österreich, teilen in Deutschland Regionalkaiser wie Höffner und Porta den Markt unter sich auf. Lutz setzte sich über ihre angestammten Gefilde hinweg. Ausgebaut wird bundesweit, über Zukäufe, Beteiligungen und eigene Eröffnungen. Immer wieder kracht die Gruppe dabei mit der Gewerkschaft zusammen.

Von einem System Lutz ist die Rede, das auch schon bei anderen Unternehmen Schule mache: Keine Tarifbindung, kein Gesamtbetriebsrat und ein intransparentes Netz aus hunderten Einzelgesellschaften, die dafür sorgen, das Kapital, Umsatz und Vermögen von den Beschäftigten getrennt sind.

Zündstoff für Konflikte

Mit kurzfristigen Kündigungen hunderter Mitarbeiter nach Übernahmen und Konflikten rund um Abfindungen sorgte der in Hand der Brüder Seifert befindliche Einrichtungsriese wiederholt für negative Schlagzeilen – beschäftigte damit auch die Gerichte. Zuletzt sei Besserung gelobt worden, zu bemerken sei davon bisher aber nichts, sagt Dirk Nagel von der Gewerkschaft Verdi. "Allenfalls gibt es Schadensbegrenzung, ansonsten setzt sich der harte Kurs fort."

Wolfratshausen nahe München ist einer der Standorte, den Lutz heuer neu in Betrieb nimmt. Zuvor gehörte er Möbel Mahler. Die Welser erwarben Grund und Immobilie, 260 Mitarbeiter mussten vor einem Jahr gehen. Nun werden sie vielfach wieder eingestellt – zu schlechteren Konditionen, erzählt Nagel. "Der Standort wurde vollkommen neu konzipiert", hält Saliger dagegen, das Projekt sei nicht mehr das gleiche.

Nagel sieht Lutz rundum rechtliche Lücken nutzen. "Es liegt an der Politik zu sagen, dieses Geschäftsmodell wollen wir nicht."

Lutz beschäftigt die Hälfte seiner 20.800 Mitarbeiter in Deutschland. Der Markt wiegt 32 Milliarden Euro, mehr als zwei Milliarden davon setzt Lutz um und sieht dort "genug Platz und Möglichkeiten für weitere Expansion". (Verena Kainrath, 16.2.2017)