Die Experten von Lehr Advice kommen zu dem Schluss, dass die Höhe der Entlohnung von Managern im deutschsprachigen Raum nicht mit deren erbrachter Leistung korreliert.

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Wien – Theorie und Praxis klaffen mitunter weit auseinander, so auch im Bereich der Entlohnung von Vorständen börsennotierter Konzerne. Nicht zufällig bezahlen, Anreize ausbalancieren und gegen Ende eines Vorstandsvertrags die monetären Stimuli erhöhen – so lassen sich jene Beiträge zur Vertragstheorie auf den Punkt bringen, für die der finnische Ökonom Bengt Holmström und sein US-Kollege Oliver Hart im Vorjahr mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurden.

Mehr Leistung sollte nach diesem Modell zu höherer Vergütung führen und umgekehrt. Mit der gelebten Realität im deutschsprachigen Raum hat dies freilich wenig zu tun, wie die Studie "Pay for Performance Report 2016" der Schweizer Beratungsgesellschaft Fehr Advice über die Vorstandsgagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz belegt.

Kein statistischer Zusammenhang

"Es ist, wie wir es vermutet haben: Es gibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen Leistung und Vergütung", sagt Managing Partner und Studienautor Marcus Veit im Gespräch mit dem STANDARD. Wobei dieses Ergebnis auf die Leitindizes Dax, ATX und den Schweizer SMI gleichermaßen zutrifft, für die in den Jahren 2010 bis 2015 die Höhe der Vorstandsentlohnung in Relation zur Aktienperformance – also Kursveränderung zuzüglich Dividende – des jeweiligen Unternehmens gesetzt wurde.

Problematisch wird es, wenn es darum geht, die Leistung des Vorstands bloß anhand der Aktienperformance auszumachen. Daher haben sich die Autoren eines Umwegs bedient, um jene externen Effekte herauszurechnen, die das Management eines Unternehmens nicht beeinflussen kann. Dazu wird jede Indexfirma nicht bloß anhand der eigenen Entwicklung, sondern auch relativ zu ihren Vergleichsunternehmen betrachtet. Das bedeutet: Nur wenn ein Konzern besser abschneidet als die sogenannte Peergroup, wird dies dem Vorstand als eigene Leistung angerechnet und vice versa.

Ebbe und Flut herausrechnen

Zur Erklärung der Vorgangsweise zieht Veit folgendes Gedankenbild heran: So wie die Gezeiten alle Boote in einem Hafen anheben oder absenken, treibe auch eine Aktienhausse tendenziell alle Kurse an: "Es ist der Versuch, die Effekte von Ebbe und Flut herauszubekommen, weil es externe Faktoren sind." Als aktuelles Beispiel führt Veit etwa das billige Geld der EZB an, das derzeit die Notierungen der Unternehmen hochhalte. "Warum soll man Vorstände dafür bezahlen?", bringt er die Problemstellung als rhetorische Frage auf den Punkt.

"Leistungsbezogene Vergütung soll Anreize dafür setzen, dass Manager im Sinne der Eigentümer handeln", erläutert Veit die Idee hinter dem Konzept. Und wenn die tatsächlichen Vorstandsgagen nicht diesem Muster folgen, wie es derzeit bei den Dax-, ATX- und SMI-Konzernen der Fall ist? "Dann ist man auf den Goodwill des Managements angewiesen, dass es im Interesse des Unternehmens handelt", erklärt der Studienautor die Konsequenzen. Die meisten Vorstände würden dies zwar ohnedies tun – andere jedoch nicht. Die seien letztlich das Problem, meint Veit: "Man gibt ein Instrument der Unternehmensführung aus der Hand."

Reporting intransparent

Für die Vorstandsgagen wurde die im Vergütungsbericht enthaltene "Total Compensation", also der an den gesamten Vorstand ausbezahlte Betrag, herangezogen und durch die Anzahl der Mitglieder dividiert. "Das Reporting von Unternehmen ist sehr intransparent und nicht standardisiert", kritisiert Veit.

Als Vorteil des leistungsbezogenen Bezugssystems für das Management führt er an, dass sich der Aufsichtsrat dadurch "harte und unangenehme Gespräche" mit dem Vorstand über dessen Vergütung ersparen könne. Widersprüche gegen eine Einführung seitens des Managements erwartet Veit nicht: "Was soll es denn dagegen sagen?" (Alexander Hahn, 18.2.2017)