Ein Nasonia vitripennis-Weibchen sitzt auf einer Fliegenpuppe, ihrem bevorzugten Wirt. Kommt die parasitäre Wespe mit dem Wirkstoff Imidacloprid in Kontakt, wird sie fast völlig geruchsblind.

Foto: Joachim Ruther

Regensburg – Nicht nur Bienen und Hummeln, auch Wespen leiden unter dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Was zunächst nach einem Vorteil klingen mag, ist in Wahrheit ein großer Schaden, dann zahlreiche Wespenarten gelten als natürliche Schädlingsbekämpfer. Nun haben deutsche Forscher in einer Studie die dramatische Wirkung des Insektizids Imidacloprid auf parasitische Wespen, die andere Insekten parasitieren, nachgewiesen. Die Biologen konnten zeigen, dass bereits geringste Mengen des Wirkstoffes die Wahrnehmung von chemischen Signalen bei den Insekten stören.

"Was uns nicht tötet, härtet uns ab." Diese häufig gebrauchte Floskel gilt nicht unbedingt für Insekten, wenn sie mit geringen Dosen hochwirksamer Insektizide, sogenannten Neonicotinoiden, in Kontakt kommen. Viele Insektizide sind Nervengifte, die beispielsweise die Sinneswahrnehmung oder die Muskelfunktion von Tieren beeinträchtigen. Substanzen wie Imidacloprid können sich in der Umwelt anreichern und mit Organismen in Kontakt kommen, gegen die sie ursprünglich gar nicht eingesetzt wurden. Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide stehen aktuell besonders im Fokus, da für sie bereits zahlreiche negative Effekte auf Bienen und andere Bestäuber nachgewiesen wurden.

Natürliche Schädlingsbekämpfer

Forscher der Arbeitsgruppe um Joachim Ruther von der Universität Regensburg, konnten jetzt zeigen, dass auch andere Nutzinsekten durch geringe Dosen des Wirkstoffs Imidacloprid geschädigt werden. Sie untersuchten die Auswirkung der Substanz auf die Wahrnehmung chemischer Signale bei der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis. Parasitische Wespen spielen als natürliche Feinde anderer Insekten eine wichtige Rolle für das Funktionieren von Ökosystemen, indem sie die Dichte und Ausbreitung ihrer Wirte natürlich regulieren.

Die Regensburger Forscher fanden heraus, dass Wespenweibchen, die mit geringsten Dosen von Imidacloprid behandelt wurden, den männlichen Sexuallockstoff nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wahrnehmen. Zudem können die weiblichen Wespen ihre Wirte nicht mehr über den Geruch lokalisieren. Auch in ihrem Balzverhalten sind die Wespen durch das Insektizid eingeschränkt, so dass es, abhängig von der Dosis, in bis zu 80 Prozent der Experimente zu gar keiner Paarung mehr kam, wie die Forscher im Fachjournal "Scientific Reports" schreiben.

Dramatische Folgen für die Ökosysteme

"Wir befürchten zudem, dass die Effekte nicht nur auf andere parasitische Wespen, sondern auf Insekten generell übertragbar sind", so Ruther. Berücksichtigt man die Bedeutung des chemischen Sinnes für den Reproduktionserfolg von Insekten sowie ihre Rolle als Nahrungsquelle für andere Tiere, wie etwa Singvögel, könnte das dramatische Folgen für die Umwelt haben. (red, 18.2.2017)