Das australische Team legte zahlreiche Gräber frei, darunter auch eines, das sich von den übrigen merklich unterschied.

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Bukarest/Canberra – Im Osten Siebenbürgens im Zentrum von Rumänien, dem Szeklerland, lebt eine gleichnamige Volksgruppe, die einen eigenen ungarischen Dialekt mit einigen turksprachigen Einsprengseln spricht. Heute umfasst diese Bevölkerungsgruppe rund 600.000 Menschen. Die ursprüngliche Herkunft der Szekler ist ungeklärt; einige Forscher bringen sie mit awarischen oder hunnischen Vorfahren in Verbindung, andere vermuten türkischstämmige Wurzeln. Fest steht nur, dass die Szekler in historischen Quellen erstmals im 12. Jahrhundert auftauchen und im Mittelalter als "Grenzwächter" eine Schlüsselrolle bei der Verteidigung des ungarischen Königreichs gegen die Osmanen spielten.

Über das Leben der Szekler existieren in einigen Regionen ihres Siedlungsgebietes praktisch keine historischen Aufzeichnungen. Aktuelle archäologische Ausgrabungen sollen daher die bestehenden Lücken füllen. Bei einem von der Organisation ArchaeoTek durchgeführten Grabungsprojekt auf einem Friedhof im Süden Transsilvaniens sind nun australische Forscher auf eine rätselhafte Grabstätte gestoßen. Die Archäologen um die Anthropologin Coco James von der Australian National University (Canberra) legten insgesamt 49 Gräber aus der Zeit zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert frei – doch jenes mit der Nummer 42 entpuppte sich als ausgesprochen ungewöhnlich.

Viele Grabbeigaben

"Die verstorbene Person wurde offenbar mit wesentlich mehr Beigaben beigesetzt, als in allen übrigen Gräbern des Friedhofs gefunden wurden. Darunter befanden sich Münzen, Knöpfe aus Messing und Keramik und ein Kleidungsstück aus Leder", berichtet James. Auffällig war vor allem, dass der Tote fünf enorm große Münzen in den Händen hielt, während man bei anderen Toten allenfalls eine oder zwei kleine Geldstücke gefunden hatte.

Das Skelett zeigte keine Anzeichen einer Krankheit, wies allerdings einige verheilte Verletzungen auf. Zum Zeitpunkt seines Todes dürfte der Mann zwischen 27 und 35 Jahre alt gewesen sein, was auch auf die meisten anderen Toten auf dem Friedhof zutraf. "Die Person war mit hoher Wahrscheinlichkeit wohlhabend und hatte einen hohen Stand innerhalb der Gemeinschaft", so James.

Es waren jedoch nicht die zahlreichen Grabbeigaben, sondern die Positionierung der Person in ihrem Grab, die die Archäologen so in Erstaunen versetzte: Sie war offenbar seitlich liegend, beinahe senkrecht und kopfüber begraben worden. Diese ungewöhnliche Beisetzungsvariante ließ sich bei keinem anderen der Gräber nachweisen.

Beisetzung mit Unfall

Eine Erklärung dafür fanden James und ihre Kollegen nicht, zumindest aber entwickelten die Forscher eine Theorie, wie es dazu gekommen sein könnte. Sie vermuten, dass die schräge Lage des Leichnams die Folge eines kuriosen Unfalls war: "Möglicherweise rutschte der Sarg den Trägern während des Begräbnisses aus den Händen, der daraufhin in Schräglage geriet und mit der Vorderseite voran in das Grab stürzte", meint James. Warum sie den Sarg hinterher allerdings nicht mehr in eine ordentliche Position brachten, ist unklar. Im April wollen James und ihr Team ihre Ergebnisse auf der American Association of Physical Anthropologists Conference in New Orleans präsentieren. (tberg, 15.2.2017)