Symbiotisch: Politik und Medienboulevard feiern 2009 die Eröffnung des "Heute"-Newsrooms. Von links, in einer Reihe: Wolfgang Jansky, "Heute"-Geschäftsführer und ehemaliger Faymann-Sprecher; Werner Faymann; Michael Häupl; Eva Dichand.

Foto: Christian Fischer

Die vergangenen Tage brachten rege Betriebsamkeit in die Wiener Stadtregierung – man könnte auch getrost von einigen Turbulenzen sprechen.

Erst äußerte Bürgermeister Michael Häupl via "Krone" seine Enttäuschung über diverse Parteifreunde, die ihn lieber heute als morgen loswerden wollen, und forderte – persönlich verständlich – etwas mehr Respekt für sich ein. Dann ließ er mit einer originellen Idee für den Umbau des Wien-Museums am Karlsplatz aufhorchen – die außer ihm aber niemand gut fand und die obendrein geltenden Beschlüssen widerspricht.

Apropos widersprechen: Dass der Drogenkoordinator der Stadt Wien nichts von einem generellen Alkoholverbot auf Bahnhöfen hält, weil sich das Problem dann nur verlagern würde, ficht den Bürgermeister nicht weiter an – er ist dafür, bis Sommer soll es kommen, Punktum.

Grüner Grant

So einfach ist es wiederum in Sachen Presseförderung via Inseratenverteilung nicht für Wiens obersten Sozialdemokraten. Da hat nämlich der grüne Koalitionspartner etwas mitzureden, und der legt sich derzeit höchst vehement quer. Die Grünen wollen schlicht und einfach nicht mehr abnicken, dass Krone, Österreich und Co in außerordentlich positiver Weise vom Selbstdarstellungsdrang diverser Stadträte profitieren, sprich: Das Inseratenbudget soll, so verlangen es die Grünen, auf 1,5 Millionen Euro pro Medium gedeckelt werden. Derzeit bekämen Krone, Heute und Österreich jeweils etwa vier Millionen Euro an Stadtinseraten, erzählte der Grünen-Klubchef im Rathaus, David Ellensohn, kürzlich im Profil. Das hält er nicht für vertretbar, denn: "Wir machen eine Politik des Zusammenhaltes. Krone und Österreich machen das Gegenteil."

Wenn die Grünen hart bleiben, wird es vermutlich bald wieder ungemütlich werden für Häupl – denn: keine Inserate, keine nette Berichterstattung. Diesen Zusammenhang haben Lore Hayek und Günther Lengauer, Politologen an der Uni Innsbruck, bereits 2012 in einer großangelegten Untersuchung festgestellt. Die Rechercheplattform "Dossier" hat nachgelegt und die Wurzeln der "Faymann-Inseratenaffäre" in Wien verortet. Zur Erinnerung: Der ehemalige Verkehrsminister und sein Kabinettschef Josef Ostermayer, später Kanzler und Medienminister, wären einmal beinahe darüber gestolpert, dass sie Asfinag und ÖBB nahegelegt hatten, in großem Stil Inserate in den Boulevardmedien zu schalten. Freundlicherweise stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, es galt und gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Vorbild Faymann

Während Inseratengelder an bestimmte Medien unter Kanzler Faymann verlässlich flossen, wurde die eigentliche Presseförderung in seiner Ära auf unter neun Millionen Euro zusammengestrichen. Krone, Heute und Österreich verbuchten dagegen 2015 mehr als 51 Millionen Euro Einnahmen aus Inseraten und Werbekooperationen der öffentlichen Hand.

Dass auch in Wien via Inseratenschaltung regiert wird, mag Faymanns Erfindung gewesen sein, als dieser noch Wohnbaustadtrat war – geduldet und gebilligt hat es aber seit jeher der Wiener Bürgermeister. Allein Heute hat seit seiner Gründung laut STANDARD-Recherchen von der Stadt Wien mehr als 30 Millionen Euro an Inseratenbudget lukriert.

Häupl schaut bis heute zu, wie das Faymann'sche Vorbild in seiner Stadtregierung Schule machte, und nicht nur dort: Auch so mancher Bezirksvorsteher sieht sein Konterfei gerne in heutigen Gratispublikationen geschaltet – dafür schaut er nicht so genau, ob das Geld dafür aus der Partei- oder aus der öffentlichen Kassa kommt. Geht ja nur um die Bewerbung des Bezirks. Eh klar.

Liebste Feindin

Als Faymann in der Not der Inseratenaffäre ein ohnehin recht löchriges "Transparenzgesetz" schuf und damals auch den Ländern nahelegte, sich an dessen Vorgaben zu halten, reagierte Häupl batzig: "Wir machen, was wir wollen", sagte er im März 2015. Man darf gespannt sein, ob er mit dieser Haltung auch beim Koalitionspartner durchkommt.

Dass es den Grünen erst jetzt reicht, ist erstaunlich genug. Sie haben vom Wiener Kuschelkurs mit dem Boulevard traditionell wenig. Das hat sich auch nicht geändert, seit sie Regierungspartei sind: Ob Parkpickerl, Heumarkt oder Mariahilfer Straße – Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ist fast so etwas wie die Lieblingsfeindin der Kronen Zeitung.

Wie auch immer die "Presseförderung neu" des jetzigen Medienministers Thomas Drozda aussehen mag – sie wird die Wettbewerbsverzerrung auf dem Zeitungsmarkt nicht beheben können. Da muss man schon den Wiener Inserate-Wahnsinn abstellen – und sich auch die Praxis in allen übrigen Bundesländern genau ansehen. (Petra Stuiber, 16.2.2017)