Die politische Elite Russlands hat den Rücktritt von Donald Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn schmerzhaft aufgenommen: Während sich der Kreml mit einer Bewertung des Vorfalls zurückhielt, sprechen Politiker in Moskau von einem "Schlag gegen die russisch-amerikanischen Beziehungen".

Kremlsprecher Dmitri Peskow blieb am Dienstag bei der seit Jahren bewährten Linie: Der Rücktritt Flynns sei eine "innere Angelegenheit" der USA, sagte er und lehnte weitere Kommentare ab – auch, um nicht den Eindruck zu erwecken, Moskau sei besonders an Flynn interessiert gewesen.

Konstantin Kossatschow, Chef des Außenausschusses im Föderationsrat, dem Oberhaus des Parlaments, war weniger zurückhaltend: Flynns "Bereitschaft zum Dialog mit den Russen wird von den Falken in Washington als Gedankenverbrechen betrachtet", schrieb Kossatschow in Anspielung auf George Orwells Weltroman 1984.

"Gewöhnliche Praxis"

Auch Kossatschows Kollege Alexej Puschkow wittert eine größere Verschwörung: "Das Ziel ist nicht Flynn, sondern die Beziehungen zu Russland", twitterte der Senator. Der Rauswurf Flynns sei nur der erste Akt des Dramas gewesen. "Jetzt ist das Ziel Trump selbst", fügte er hinzu.

Als "negatives Signal" und "Provokation" bewertete der Chef des Duma-Komitees für Auswärtiges Leonid Sluzki die Abdankung. Dass die Kontakte zum russischen Botschafter, die für Sluzki "gewöhnliche diplomatische Praxis" bedeuten, zum Rücktritt führten, ist für den Abgeordneten ein Zeichen dafür, dass das US-Establishment Trumps Annäherungskurs an Russland torpedieren wolle.

Weniger Dramatismus empfiehlt der Moskauer Außenpolitikexperte Fjodor Lukjanow: Die Kritik Moskauer Politiker an Flynns Rücktritt charakterisierte er als "völlig überzogene Reaktionen". Flynn sei zwar für die Verbesserungen der Beziehungen zu Russland gewesen, doch dies nur aus einem Grund: Für den US-General sei der Islamismus der Feind Nummer eins, gegen den es alle Kräfte zu bündeln gelte.

Während dies vielen in Moskau als perspektivreicher Ansatz gelte, "zeigt die langjährige Erfahrung, dass eine Partnerschaft auf der Basis des Antiterrorkampfs nicht klappt", sagte Lukjanow dem Standard. An eine deutliche Verbesserung der Beziehungen unter Trump glaubt er ohnehin nicht: Trump sei zwar bereit zum Dialog mit Russland, doch versuche er Gespräche "aus der Position der Stärke heraus" zu führen. (André Ballin aus Moskau, 14.2.2017)