Die Kroatische Gebirgseidechse (im Bild) kann am besten an ihren Nasenschuppen von der Mauereidechse unterschieden werden, der sie zum Verwechseln ähnlich sieht.

Foto: Christoph Riegler

Wien – Das seltenste Reptil Österreichs ist eine Eidechse, die es im Bundesgebiet erst seit 30 Jahren offiziell gibt: Die Kroatische Gebirgseidechse wurde zwar schon 1904 als Art beschrieben, es dauerte aber bis 1986, bis sie bei uns nachgewiesen wurde. Die kurze Zeit ihrer Bekanntheit und der Umstand, dass man sie leicht mit der häufigen Mauereidechse verwechseln kann, haben dazu geführt, dass in Österreich bis jetzt nur rund 600 Exemplare gefunden wurden. Ob sie hier tatsächlich so selten ist oder sich bisher nur erfolgreich bedeckt gehalten hat, will nun eine Nachwuchswissenschafterin der Uni Wien klären.

Selbst für Spezialisten kann die Unterscheidung der Kroatischen Gebirgseidechse (Iberolacerta horvathi) mit der ähnlich aussehenden, aber zu einer anderen Gattung gehörenden Mauereidechse (Podarcis muralis) unter Umständen schwierig sein: So zeigte sich bei der gezielten Kontrolle der Exponate am Naturhistorischen Museum Wien, dass ein Exemplar der seltenen Art bereits 1926 in die Sammlung gelangt, aber unerkannt geblieben war.

Kein Wunder: Sowohl die Kroatische Gebirgs- als auch die Mauereidechse haben einen braunen bis grauen Rücken. Die Flanken sind im Vergleich dünkler und tragen einen breiten dunklen Streifen, der oft mit helleren Elementen durchsetzt ist.

Unterschiedliche Unterseiten

Auch in der Größe unterscheiden sie sich nicht wesentlich: Die Kroatische Gebirgseidechse erreicht eine Länge von 20 Zentimetern, wobei zwei Drittel der Schwanz ausmacht, die Mauereidechse wird mit maximal 22 Zentimetern ein bisschen größer. Damit nicht genug, kommen sie in manchen Lebensräumen gemeinsam vor. Lediglich an der Unterseite gibt es deutlich erkennbare Unterschiede: Die Mauereidechse hat da oft schwarze Flecken, die Kroatische Gebirgseidechse nicht.

Probleme mit der Bestimmung hat Karin Ernst vom Department für Theoretische Biologie der Universität Wien, die über die Tiere an der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien ihre Master-Arbeit schreibt, mittlerweile nicht mehr: "Die Kroatische Gebirgseidechse ist schlanker und wendiger." Wissenschaftlich zweifelsfrei unterscheiden lassen sich die beiden Arten am besten an der Anordnung ihrer Nasenschuppen.

Nicht nur das Aussehen der Tiere sorgt leicht für Verwirrung, auch ihr deutscher Name ist irreführend: Weder kommt die Art nur in Kroatien vor, noch stammt sie ursprünglich von dort: Vielmehr hat sie ihre Ursprünge auf der Iberischen Halbinsel. Das erste Mal wurde sie 1904 vom ungarischen Zoologen Lajos Méhely beschrieben, der sie nach seinem Freund Geza von Horvath benannte. "Horvath" heißt auf Ungarisch "Kroate" oder "kroatisch", so wurde aus der Iberolacerta horvathi im Deutschen die Kroatische Gebirgseidechse. Im Englischen heißt sie Horvath's Rock Lizard.

Das Verbreitungsgebiet der Art beschränkt sich auf Osttirol, Kärnten, Friaul, Nordslowenien und die küstennahen Gebirge Kroatiens, wobei sie in Österreich ihre nördliche Grenze erreicht. Dabei bevorzugt sie Höhen zwischen 700 und 1700 Metern, wo sie feucht-kühle, steinige oder felsige Lebensräume mit wenig Pflanzenbewuchs, aber zahlreichen Spalten bewohnt. Da sie hervorragend klettert, dürfen es – im Unterschied zur Mauereidechse – gerne auch steile, glatte Wände sein.

60 Fundstellen

Seit dem Entdeckungsjahr 1986 sind Meldungen von knapp 60 Fundstellen der Art in der im Naturhistorischen Museum Wien angesiedelten Herpetofaunistischen Datenbank Österreichs registriert. Die ökologischen Eigenschaften der Fundstellen will Karin Ernst nun – gefördert durch den Forschungsfonds für Herpetologie – miteinander vergleichen, um so weitere potenzielle Vorkommen der Eidechsen zu finden. Dazu wird das Untersuchungsgebiet in Rasterzellen unterteilt und mittels eines Computerprogramms hinsichtlich seiner Tauglichkeit als Lebensraum der unter Schutz stehenden Gebirgseidechsen bewertet. Darauf werden Simulationen geeigneter Standorte entwickelt.

Aus diesen will Ernst zwölf auswählen – zehn mit hoher und zwei mit geringer Vorkommenswahrscheinlichkeit -, die sie nach Kroatischen Gebirgseidechsen absuchen wird. Die hoffentlich so gefundenen Tiere werden dann ebenso vermessen und fotografiert wie das Habitat, in dem sie angetroffen wurden. Die Ergebnisse daraus sollen nicht nur die Verbreitungskarte der Art auffüllen, sondern sind auch ein Test für das verwendete Programm.

"Ihre tatsächliche Verbreitung und Häufigkeit zu kennen ist ein unerlässlicher erster Schritt, um ihre Lebensräume schützen zu können", sagt Ernst. Für die Freiland-Erhebungen haben Kolleginnen und Kollegen Unterstützung angekündigt, die Ernst mit eigenen T-Shirts ausstatten will. Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihnen zwischen April und Juli in Kärnten und Osttirol Leute mit dem Logo "Horvathi Race Team Austria" begegnen – es handelt sich nicht um Marathonläufer, sondern um Eidechsen-Sucher. (Susanne Strnadl, 19.2.2017)