Zürich – Wie sich ein geworfener Ball bewegt, lässt sich relativ einfach mit der klassischen Mechanik beschreiben. Die Bewegung von Quantenteilchen ist um vieles kniffliger. Für die Erforschung komplexer Moleküle, neuer Materialien oder für den Bau von Quantencomputern wäre es aber eine wichtige Grundlage, Quantensysteme aus vielen Teilchen mathematisch zu erschließen.

Giuseppe Carleo und Matthias Troyer von der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich stellten nun im Fachblatt "Science" eine Methode vor, auch komplexe Quantensysteme mathematisch greifbar zu machen: Mithilfe selbstlernender Algorithmen nach dem gleichen Prinzip wie "AlphaGo", die Google-Software, die 2016 den weltbesten menschlichen Spieler im chinesischen Brettspiel Go besiegte.

Die Bewegung von Quantenteilchen lässt sich mit Hilfe von Erwin Schrödingers Wellengleichung beschreiben. Diese Gleichung wird jedoch exponentiell komplexer, je mehr Teilchen zu einem Quantensystem gehören, wie die ETH Zürich mitteilte. Die besten Supercomputer schaffen die Berechnung derzeit für maximal 50 Teilchen. Für 100 würde auch selbst ein Supercomputer in der Größe unseres Planeten nicht reichen.

Vorbild: Neuronale Netzwerke

Carleo und Troyer entwickelten daher ein spezielles lernfähiges Computerprogramm auf Basis sogenannter künstlicher neuronaler Netzwerke. Dieses Programm ließen sie trainieren, die komplexen Gleichungen zu vereinfachen. Dabei fand der Algorithmus selbst heraus, welche Parameter in dem kniffligen Gleichungssystem wichtig sind und welche vernachlässigbar.

Der neue Ansatz würde es erlauben, Quantensysteme mit mehr als 100 Teilchen mit vereinfachten Gleichungen und daher vernünftigem Rechenaufwand zu beschreiben, so die Forscher. Nun wollen sie die Limits dieser Herangehensweise ausloten.

Dabei gehe es letztlich auch um eine philosophische Frage, so Carleo: "Wie komplex ist die Wellenfunktion eines physikalischen Systems tatsächlich?" Am Ende, so der Forscher, könnten die Quantenwelten einfacher zu fassen sein als bisher gedacht. (APA, 10.2.2017)