Der bisher über die Grenzen seines Bundeslandes kaum bekannte Chef der Kärntner Volkspartei hat diese Woche kurzfristig nationale Berühmtheit erlangt, als er die Distanzierung von einem Satz, den er selbst geprägt hat, mit dem schlagenden Argument des Bauchgefühls begründete. Zu Unrecht zog er sich damit den Ruf eines Sonderlings zu, ist er doch nur bisher der einzige Politiker, der offen zugibt, sein persönliches Bauchgefühl als Mittel politischer Erkenntnis einzusetzen, während sich so gut wie alle anderen auf den Willen des Volkes berufen. Diese Berufung krankt – mit bekannten Folgen – an der zunehmenden Unerforschlichkeit besagten Willens beziehungsweise an der mangelnden Bereitschaft des Volkes ihn so konkret zu artikulieren, dass sich daraus bequem regierungsfähige Mehrheiten destillieren ließen.

Mit der Berufung auf sein Bauchgefühl steht er auf dem festen Boden der gegenwärtigen Realität, in der man sich auf dem Gipfel der Volksnähe wähnt, wenn sich die politische Denkleistung aus den Gehirnwindungen in die Darmschlingen verlagert. Das dabei auftretende Bauchgefühl entäußert sich naturgemäß als Blähung, die in der Politikwissenschaft als Flatus popularis diagnostiziert wird. Dessen lokale Variante als F. carantanus wähnte man hoffnungsfroh als im Verwehen begriffen, und dabei sollte es trotz der Windmacherei des Herrn Benger auch bleiben. Was aber nicht sein Verdienst schmälert, den Wert des Bauchgefühls in Erinnerung gerufen zu haben.

So erleben wir es, dass ein Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten im Bauchgefühl, dieses schon innezuhaben und berauscht von den entsprechenden Blähungen, seine Niederlage nun als Parteiauftrag interpretiert, als Bundespräsident der Herzen auf Österreich aufpassen zu müssen. Und er tut fest entschlossen, in diesem aufgeblähten Zustand die nächsten sechs Jahre abzubiegen.

Wenn Staatsverweigerer aus der Bevölkerung sich von ihrem Bauchgefühl leiten lassen, ist das weniger überraschend, als wenn ein Verfassungsverweigerer in der Regierung sein Bauchgefühl über das Demonstrationsrecht stellt, und bedeute das auch einen Rückfall ins 19. Jahrhundert. Wer Unterricht in angewandter Politologie bei Erwin Pröll genossen hat, kann am Absolutismus nichts Böses finden. Der empfindet sein Bauchgefühl höchstens als komprimiertes Nationalgefühl und versteht gar nicht, was man gegen eine Anpassung demokratischer Grundrechte an die Interessen des Handels haben könnte.

Wenn der Verteidigungsminister bauchgefühlsmäßig mitzuhalten versucht, kommt er nicht einmal entfernt an den Außenminister heran, der einem strahlenden Meteor auf dem Himmel der Volkspartei gleicht, ohne vor kritischen Geruchsnerven verbergen zu können, dass auch er nur von Meteorismus angetrieben wird. Angesichts solcher Beispiele ist es nicht verwunderlich, dass Politikern immer wieder empfohlen wird, doch mehr aus den Bäuchen heraus zu agieren, und es beweist das Beispiel einer Partei, dass Blähungen auf Wählerinnen und Wähler auch anziehend wirken können. Da möchte man doch zu gern profitieren. (Günter Traxler, 9.2.2017)