Die Gewerkschaft möchte Müller auf den Zahn fühlen. Sie wirft der Drogeriekette mitarbeiterfeindliches Verhalten vor. Einen Betriebsrat gibt es in keiner der österreichweit 75 Filialen.

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Wien – Aus die Maus, Ende Gelände, das war’s. Ein kurzes, wenn auch schmerzliches Ende für eine Verkäuferin bei der Drogeriemarktkette Müller. Rund zweieinhalb Jahre war Özlem Bakiray für das Unternehmen in Wien-Floridsdorf tätig. Seit längerem engagierte sie sich für die Gründung eines Betriebsrats. Dann war sie ihren Job los. Von hier auf jetzt. Der 33-Jährigen wurde nicht nur gekündigt, sie wurde sogar mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt. Das war am 20. Jänner.

Was war geschehen? "Bislang hatten wir Müller Österreich noch nicht auf dem arbeitsrechtlichen Radar", so Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp, bei einer eilends anberaumten Pressekonferenz. "Diese Kündigung ist ein Skandal, den wir nicht widerstandslos hinnehmen werden", unterstreicht auch Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber.

"Klima der Angst"

Die Ereignisse im Zeitraffer: Bakiray arbeitete seit September 2015 in besagter Filiale. Der Standort im 21. Wiener Gemeindebezirk ist einer von 75 Filialen in ganz Österreich, die im Schnitt zwischen 80 und 100 Mitarbeiter beschäftigen. Zumeist Frauen, zumeist halbtags. Von Anfang an, so Bakiray, habe sie ein Klima der Angst unter den Kolleginnen wahrgenommen: "Sie haben zwar signalisiert, mich zu unterstützen, fürchteten selbst aber um ihren Arbeitsplatz, sollten sie aktiv bei der Gründung eines Betriebsrats mitmachen." Als die Filialleitung Wind von Bakirays Engagement bekam, sei sie laut eigenen Angaben ins Chefbüro gerufen worden. Unmissverständlich sei ihr zu verstehen gegeben worden, dass sie, die Filialleiterin, "das" nicht wolle und Bakiray "damit aufhören" solle.

Doch Bakiray hörte nicht auf. Sie, die Katzian als "ganz normale Person ohne Angriffsambitionen" beschreibt, informierte sich weiter und hielt an ihrem Vorhaben fest. Dann kam der 20. Jänner. Zehn Minuten vor Dienstschluss und ohne Angabe von Gründen war der Job futsch. "Ich war völlig überrumpelt, total perplex", so die ehemalige Angestellte. Katzian: "Abgesehen von der Unwirksamkeit aus formalen Gründen, weil die Kündigung laut Dienstvertrag nur schriftlich erfolgen kann, liegt der Grund dafür auf der Hand: Ein Betriebsrat ist im Unternehmen nicht erwünscht. Das ist ein offenes Geheimnis. Wer sich widersetzt, den versucht man loszuwerden."

Klage

Müller hingegen sieht laut Gewerkschaft keinen Zusammenhang zwischen Bakirays arbeitsrechtlichem Engagement und der Kündigung. Vielmehr seien die Stunden einer Kollegin aufgestockt und Bakirays Dienste in der Folge nicht mehr gebraucht worden. Eine Argumention, der Katzian so überhaupt keinen Glauben schenkt: "Müller legt ein gewerkschafts- und mitarbeiterfeindliches Verhalten an den Tag. Das werden wir so nicht hinnehmen." Die Gewerkschaft legte Klage beim Arbeits- und Sozialgericht ein mit dem Ziel, dass die Kündigung von Özlem Bakiray zurück- und das Arbeitsverhältnis wiederaufgenommen wird. Als weiteren Schritt plant die GPA-djp nun eine Kontaktinitiative. In den nächsten Tagen sollen österreichweit alle Müller-Mitarbeiter angesichts eines "Klimas, wo Angst geschürt wird", Post bekommen und zu den Arbeitsbedingungen befragt werden.

Bei Müller in Floridsdorf hält man sich bedeckt. Damit habe sie nichts zu tun, so die stellvertretende Filialleiterin zum STANDARD. Man möge sich an die Zentrale in Deutschland wenden. Dort war allerdings niemand für eine Stellungnahme erreichbar. (Sigrid Schamall, 9.2.2017)